"Wasser marsch!" in Richtung Holding

■ Kompromiß für die Zukunft der Wasserbetriebe bahnt sich an. "Unter bestimmten Bedingungen" hält SPD-Vize Hermann Borghorst die Teilprivatisierung "für erwägenswert". Verkauf soll 2 Milliarden Mark in d

Teilweise privat, teilweise staatlich – so wird wahrscheinlich der Kompromiß für die Zukunft der Wasserbetriebe aussehen. „Unter bestimmten Bedingungen halte ich die Einrichtung einer Holding und den Verkauf von Anteilen für erwägenswert“, sagte Hermann Borghorst, Fraktionsvize der SPD, gestern. Die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und den Verkauf von 49,9 Prozent der Aktien hatte Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) vorgeschlagen.

Seit Monaten streiten CDU, SPD und Beschäftigte der Wasserbetriebe darüber, wie das Unternehmen die von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) verlangten 2 Milliarden Mark für den Landeshaushalt aufbringen kann. Borghorst legte Wert auf die Feststellung, daß die SPD in ihrer Arbeitsgruppe „Vermögensaktivierung“ am kommenden Freitag zwei Varianten gegeneinander abwägen werde.

Zwar hege er „Sympathie“ für ein Modell, bei dem die Wasserbetriebe komplett in Staatshand blieben und die 2 Milliarden durch Kreditaufnahme erbracht würden. Demgegenüber habe die Teilprivatisierung neben dem Verkaufsprofit jedoch möglicherweise einige Vorteile. Wenn ein „strategischer Partner“, etwa ein großer Industrie- oder Dienstleistungskonzern, bei dem Unternehmen einstiege, könnten dadurch neue Aufträge gerade in Osteuropa akquiriert werden. Außerdem würden hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Ausländische Wasserkonzerne, die den Berliner Betrieb teilweise schlucken wollten, um Konkurrenz auszuschalten, kommen für Borghorst als Investoren nicht in Frage.

Verständigt sich die SPD auf die Teilprivatisierung, würde eine Wasser-Holding in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft eingerichtet. An dieser könnten sich private Konzerne beteiligen. Der Holding würden dann 100 Prozent der Anteile der bisherigen Wasserbetriebe gehören, die ihre bisherige Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts behalten.

Borghorst kann sich vorstellen, die Privatisierungs-GegnerInnen in der SPD für diese Variante mit ins Boot zu holen. Der SPD-Vize hält es für notwendig, einen Sonderparteitag der SPD beschließen zu lassen. Dabei ist noch nicht geklärt, ob der Parteitag vor oder erst nach einer Entscheidung im Senat stattfindet. CDU-Chef Eberhard Diepgen will den grundsätzlichen Beschluß über die Zukunft der Wasserbetriebe schon Anfang Juli fällen.

Nach monatelangem Hickhack bahnt sich damit ein Kompromiß zwischen fast allen AkteurInnen an. Nachdem Wirtschaftssenator Elmar Pieroth das Holdingmodell vorgelegt hatte, kann sich mittlerweile auch die Gewerkschaft ÖTV damit anfreunden, denn Rechte und Absicherung der Beschäftigten bleiben in der Anstalt öffentlichen Rechts im wesentlichen erhalten. Das Holding-Modell sei „das mindeste, was wir erwarten“, erklärte Uwe Scharf, Vizechef der ÖTV. Scharf wie auch Borghorst erklären, daß Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) ihren Vorschlag für den Verkauf der Wasserkonzession an Private inzwischen hat fallenlassen – ein Tribut an die Gegenwehr der Beschäftigten. Das freilich wollte Fugmann-Heesings Sprecher Dirk Wildt gestern nicht bestätigen: „Zu laufenden Verhandlungen äußern wir uns nicht.“ Hannes Koch