Die SED-Opfer besser entschädigen

■ Enquete-Kommission des Bundestages fordert mehr Geld für SED-Opfer. Die Stasi-Zentrale könnte Bundesgedenkstätte werden

Bonn (taz) – Der Termin war wohlüberlegt. Pünktlich zum Volksaufstand vor 45 Jahren in der DDR legte die Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der Deutschen Einheit“ gestern ihren Abschlußbericht vor.

In dem 740 Seiten umfangreichen Bericht kritisiert die Kommission insbesondere die gegenwärtige Entschädigungspraxis. Ehemalige politische Gefangene der DDR und ihre Angehörigen würden nur unzureichend unterstützt. Für jeden Haftmonat erhalten sie höchstens 550 Mark.

Der Bundesregierung empfiehlt die Kommission eine „deutliche Anhebung der vorgesehenen Kapitalentschädigungen für alle ehemaligen politischen Häftlinge“ in der DDR. Zusätzliche Mittel sollen auch in die „Stiftung für ehemalige politische Gefangene“ fließen. Konkrete Zahlen werden in dem Bericht nicht genannt. Die Kommission räumt ein, daß auch zukünftig der finanzielle Handlungsspielraum des Gesetzgebers begrenzt sei und deshalb „keine vergeblichen Hoffnungen auf eine erhebliche Verbesserung materieller Rehabilitierungsleistungen geweckt werden dürfen“.

In einem Sondervotum forderten die Sozialdemokraten dagegen, einheitlich 600 Mark pro Haftmonat für ehemalige politische Gefangene bereitzustellen. CDU und FDP wollen nur diejenigen entschädigen, die auch heute noch wegen ihrer Gefangenschaft wirtschaftlich schlechtergestellt sind. Ungeklärt ist noch immer, ob und wie Hinterbliebene von Häftlingen entschädigt werden, die vor dem 18.9. 1990 verstarben. Auf entsprechende Regelungen warten auch Angehörige der „Maueropfer“ und aus politischen Gründen zum Tode Verurteilter.

Zu einer Gedenkstätte „von gesamtstaatlicher Bedeutung“ soll die ehemalige Berliner Stasi-Zentrale in der Normannenstraße werden. Die neue „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ soll nach dem Willen der Kommission ein entsprechendes Konzept erstellen.

Das Haus sei als Ort historischer Dokumentation und bürgerschaftlicher Aufarbeitung zu erhalten. Seit 1990 ist das Haus Museum und Forschungsstätte des Landes Berlin. Auch ein Teil der Gauck-Behörde ist in der Normannenstraße untergebracht. Hinzukommen soll das „Zentrale Dokumentations- und Informationszentrum“ der Gauck-Behörde.

In den Genuß von Bundesmitteln soll auch das Freilichtmuseum „Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn“ kommen. Marienborn war bis 1990 der größte innerdeutsche Grenzübergang. Das Land Sachsen-Anhalt ließ ihn vor zwei Jahren zu einer Gedenkstätte umbauen. Thorsten Denkler