Geschenk mit Aufregungen

■ Holmead-Schau ab heute in der Böttcherstraße / Ärger um die Rede: Eröffnungsredner Zimmermann wurde wieder ausgeladen

lisabeth Phillips sehnlichster Wunsch ging nicht mehr in Erfüllung. Denn im Januar dieses Jahres verstarb die 98jährige Bremerin. Und kann somit nicht mehr miterleben, wie die Kunstsammlungen Böttcherstraße ihre Schenkung vom vergangenen Jahr mit Arbeiten ihres Mannes (s. taz vom 25.9.97) im Paula-Becker-Modersohn-Haus der Öffentlichkeit präsentiert. Heute abend wird die „geschenkte“ Ausstellung mit 66 Gemälden, 33 Zeichnungen und drei Gouachen des 1975 verstorbenen Malers Clifford Holmead Phillips eröffnet. Ergänzt wird sie durch 27 Leihgaben, die insbesondere das Frühwerk des US-amerikanischen Expressionisten dokumentieren.

Phillips – erinnert irgendwie an Glühbirne. Dachte sich auch der Herr Phillips. Und da er diese Assoziation nicht mochte und zudem ein ausgewiesener Technikfeind war, der bis zuletzt seine mehr als 50 Atlantiküberquerungen aus Abneigung gegen Flugzeuge mit dem Schiff erledigte und nur mit Farben aus eigener Herstellung malte, signierte er ab 1944 nur noch mit seinem zweiten Vornamen Holmead.

Auf über 1.500 Bildern, die zu einem großen Teil in Privatbesitz sind, findet sich das Kürzel. Ein äußerst produktiver Maler also. Was nicht nur daran liegt, daß er bis ins hohe Alter von 86 Jahren gemalt hat, sondern vor allem im Shorthand Painting begründet liegt, das Holmead in seiner letzten Schaffensphase begründete. In dicken Schichten, mit dem Spachtel in wenigen Minuten aufgetragen, spachtelte Holmead bevorzugt skurrile Portäts auf die Leinwand, in denen er bis an die Grenze zur Karikatur menschliche Charaktereigenschaften pointiert bündelte. Mehr als acht Minuten, bekannte er einst in einem Interview, wolle er sich mit einem derart shorthand gepainteten Bild nicht mehr aufhalten. Denn alles andere produziere nur Postkartenbilder, die man nicht gelten lassen könne. Die Böttcherstraße zeigt aber auch viele Beispiele aus anderen Schaffensperioden, in denen sich Holmead vor allem als expressiver Landschaftsmaler hervortat.

Einen kleinen Eklat gab es um den Redner der heutigen Eröffnung. Auf den Einladungskarten ist noch Rainer Zimmermann aufgeführt, ein Marburger Kunsthistoriker, der in den 80er Jahren eine umfangreiche Holmead-Monografie geschrieben hat. Zimmermann wurde von Maria Anczykowski, Leiterin der Kunstsammlungen Böttcherstraße, wieder ausgeladen. Grund: Zimmermann hatte im vergangenen Jahr in einem Beitrag für die rechtskonservative Postille „Junge Freiheit“ gegen die künstlerische Moderne polemisiert und insbesondere an Mondrian und Kandinsky heftige Kritik geübt. Tenor seiner Ausführungen: Eine Art Verschwörung habe dazu geführt, daß die gegenständliche Malerei zugunsten der abstrakten Malerei unterdrückt worden sei.

Solchen Positionen wolle sie in einem Haus, das sich programmatisch der künstlerischen Moderne verpflichtet weiß, kein Forum bieten, sagte Maria Anczykowski. Sie habe Rainer Zimmermann daher gebeten, die Eröffnungsrede nicht zu halten. Zimmermann wollte sich zu der Angelegenheit vorerst nicht äußern. An seiner Stelle wird nun der Radio-Bremen-Redakteur Rainer Berthold Schossig die Ausstellung eröffnen. zott

Die Ausstellung wird heute abend um 18.30 Uhr eröffnet und ist im Paula-Becker-Modersohn-Haus bis zum 20. September zu sehen.