Betr.: Fotoausstellung "Manchmal ist es tröstlich, eine von fünf Millionen zu sein"

Der Opernsänger ist seit einem knappen Jahr arbeitslos. Seine Schuhe sind durchgelaufen, aber er hat kein Geld für neue. Das nervt ihn. Die ungelernte junge Türkin, seit neun Jahren ohne Arbeit, hat mittlerweile „so 'n Hals“. Die Zahntechnikerin, die erst seit vier Wochen keinen Job mehr hat, findet, daß „das Arbeitsleben viel zu überbewertet ist“.

Für die Ausstellung „Manchmal ist es tröstlich, eine von fünf Millionen zu sein“ haben die Berlinerinnen Cornelia Mehlhorn und Barbara Seyerlein (die eine Lehrerin ohne, die andere Ärztin mit Job) einen Monat lang in drei Berliner Arbeitsämtern Menschen fotografiert. Jetzt sind die Fotos im Kreuzberger Amt Südwest zu sehen. Auf den schwarzweißen Bildern in Postergröße wird das abstrakte Wort „Arbeitslosigkeit“ konkret, zeigen vierundfünfzig der fast fünf Millionen ihr Gesicht, das damit öffentlich wird. Sie haben Gedanken und Gefühle, die in kurzen Statements unter die Fotos geschrieben sind. Allen gemeinsam ist die stolze, aufrechte Haltung, die meisten blicken direkt, manchmal trotzig in die Kamera, als wollten sie sagen: „Ich bin jemand, auch ohne Arbeit.“ Nur wenige können ihre Verzweiflung, viele ihre Müdigkeit kaum verbergen. Das sind meist jene, die seit Jahren schon auf eine neue Stelle warten. An den Fotos kommt jeder vorbei, der zur Beratung oder Vermittlung will. Auch die Sachbearbeiter halten kurz an, um zu schauen und zu lesen. Wer nichts mit dem Arbeitsamt in der Charlottenstraße zu tun hat, findet die Ausstellung nur schwer – es gibt keine Plakate, die darauf hinweisen: Sie ist noch bis 2. Juli Mo. bis Fr. 8.30–13 Uhr und Do. 14–18 Uhr in der Charlottenstraße 90 zu sehen.Katharina Maas

Foto: Barbara Seyerlein