: Ein Mercedes honoris causa
Grüne SenatorInnen und das Dienstwagenwesen ■ Von Heike Dierbach und Silke Mertins
Die größten Kritiker der Elche sind inzwischen selber welche: Keine Gelegenheit ließ die GAL in der Vergangenheit aus, um das kostspielige Dienstwagenwesen der Freien und Hansestadt an den Pranger zu stellen. 5,8 Millionen Mark gab Hamburg 1996 für die öffentlich geförderten Kutschen aus. Zum Vergleich: Der Naturschutz ist der Stadt in diesem Jahr 8,5 Millionen Mark wert. Doch nun, selbst in die Riege der VIPs aufgestiegen, verzichten auch die Grünen keineswegs aufs Dienstauto mit Chauffeur.
Die grüne Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Krista Sager hat es. Umweltsenator Alexander Porschke teilt sich eins mit seinem Staatsrat (siehe Interview). Und lediglich Stadtentwicklungssenator Willfried Maier verzichtete und bedient sich, wenn er mal eins braucht, in der „Fahrbereitschaft“ – dem „Pool“ der Dienstwagen. Dafür aber steigt GALier Maier, der auch für den Bundesrat zuständig ist, gern und oft ins Flugzeug. Die Zugfahrt nach Bonn dauert ihm zu lange.
Doch die SenatorInnen und Staatsräte sind keineswegs die einzigen, die vom Steuerzahler einen Wagen spendiert bekommen. Auch die Bürgerschaftspräsidentin, die Fraktionsvorsitzenden – hier verzichtet nur GAL-Fraktionschefin Antje Möller –, der Rechnungshofpräsident und der Präsident des Oberlandgerichts gehören zu den Berechtigten.
Sogar privat dürfen die 27 Auserwählten die Dienstkarossen nutzen, allerdings gegen Kilometergeld. Der Fahrer muß dann extra bezahlt werden, wenn er gewünscht wird. Aber das ist den meisten hohen Herren und Damen dann für den eigenen Geldbeutel doch zu teuer. Die Hamburger KFZ-Richtlinien von 1954 regeln genau, wer nobel rollen darf und wer die U-Bahn, das eigene Auto oder gar den Drahtesel nehmen muß. Einfache Abgeordnete bekommen eine HVV-Jahreskarte. Die Staatliche Pressestelle, die Senatskanzlei, der Oberbaudirektor, die Bezirksamtsleiter von Nord und Eimsbüttel und der Uni-Präsident haben zwar keinen eigenen Wagen, können aber jederzeit aus dem „Pool“ einen bestellen.
Gerollt wird ausschließlich in edlen Karossen: Mercedes oder BMW. „Schließlich nutzen die Betroffenen ihre Autos auch zum Arbeiten“, sagt Renate Mitterhuber, Pressesprecherin der Finanzbehörde. Wieviel so ein Wagen den Steuerzahler kostet, ist ein Staatsgeheimnis. Die Stadt bekommt Sonderkonditionen vom Hersteller, die die Öffentlichkeit nicht zu erfahren hat. „Ich bestimme, was meine Informationspflicht ist“, so Sprecherin Mitterhuber.
Im Prinzip könne jeder Dienstwagenberechtigte Einfluß nehmen, was für ein Auto er möchte. Es könnte auch ein Solarmobil oder ein mit Erdgas betriebener Wagen sein, wie Porschke ihn fährt („den habe ich allerdings vorgefunden“). Auch bescheidener darf der Dienstwagen ausfallen. „Wenn jemand meint, er könne auch in einer Isetta arbeiten, sind wir dem nicht unaufgeschlossen“, so Mitterhuber kulant. Die gewünschten Modelle müßten nur dem Sicherheitsstandards entsprechen. Ex-Innensenator Werner Hackmann (SPD) konferierte seinerzeit in einem VW-Bus.
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