„Trampelpfade aus der Arbeitslosigkeit“

■ Großbanken wollen überflüssiges Personal in Zeitarbeitstöchter abschieben

Er ist gefunden, der „Trampelpfad aus der Arbeitslosigkeit“. Commerzbank-Vorstand Klaus Müller-Gebel ist ganz entzückt von den Plänen seines Unternehmens. Das nämlich will MitarbeiterInnen, die Rationalisierungen zum Opfer fallen, künftig in einer neuen Zeitarbeit-Gesellschaft unterbringen. Zusammen mit der Hamburger Leiharbeitfirma „Adecco“ gründete die Commerzbank die Zeitarbeit-Tochter „Adcom“. Ein Unternehmen, in dem zum 1. Juli zunächst 400 freigesetzte Commerzbanker aus Hamburg und Frankfurt unterkommen sollen.

Der Plan ist geschickt. Denn Massenentlassungen würden schnell am Image des Großkonzerns kratzen. „Aufgabe der Adcom ist es, den Beschäftigungsabbau abzufedern“, erläutert Adecco-Manager Torsten Block. Ohne vorherige Bewerbungsgespräche können MitarbeiterInnen der Commerzbank „freiwillig“ in die Adcom wechseln und bekommen dennoch zwei Drittel ihrer Sozialplanabfindung.

Die Verträge sind auf 18 Monate befristet. Die Banker bekommen garantiert 80 Prozent ihres letzten Gehaltes. Von der Zeitarbeitsfirma Adcom sollen die ehemaligen Commerzbank-Mitarbeiter an andere Geldinstitute verliehen werden. „Hat ein Mitarbeiter die nötige Qualifikation, Mobilität und Flexibilität“, so verspricht Block, „dann kann er auch länger bei der Adcom bleiben.“ Ziel sei es aber – im Gegensatz zu klassischen Zeitarbeitsfirmen – „daß die Mitarbeiter von den Kunden übernommen werden“. Immerhin könnten sich die Banker in ihrem neuen Job von ihrer besten Seite präsentieren, ohne zuvor die Hürden eines Bewerbungsverfahrens zu durchlaufen.

„Der Markt verlangt nach gestandenen Bankern“, ist Block überzeugt. Gerade Regionalinstitute suchten nach Mitarbeitern mit eben jenen Qualifikationen, „die jetzt bei der Commerzbank freigesetzt werden“. Im kommenden Jahr, so der Plan der Leiharbeitsfirma, sollen bundesweit zwanzig weitere Niederlassungen eröffnet werden. Dort sollen dann weitere 1.600 freigesetzte Commerzbanker unterkommen.

Peter Bremme von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) bleibt skeptisch. „Die Beschäftigung gilt nur für eine Übergangszeit,“ warnt er. Die Banker würden überdies den Anspruch auf Altersversorgung, Jahressonderleistungen, Zulagen und Vergünstigungen bei der Kreditaufnahmen verlieren. Und dies droht nicht nur Angestellten der Commerzbank. Auch die Deutsche Bank und die Vereins- und Westbank haben ähnliche Pläne in ihren Schubläden.

Bei der Deutschen Bank sollen MitarbeiterInnen, deren Arbeit nicht mehr gebraucht wird, zum einen in eine externe Beschäfti-gungsgesellschaft namens „Bankpower“ abgeschoben werden. An dieser Gesellschaft beteiligt sich zu 70 Prozent die Zeitarbeitsfirma „Manpower“, die auch Verlage und Werbeagenturen mit geleastem Personal beliefert. Außerdem will das Unternehmen eine interne „Bankforce“ gründen, eine Gesellschaft, die innerhalb des Konzerns Arbeitskräfte als Art „Betriebsfeuerwehr“ vermittelt.

„Der Vorteil ist, daß die Leute zu ganz normalen Bedingungen arbeiten und die alten Verträge gültig bleiben“, meint HBV-Mann Bremme. Zumindest für Auszubildende könnte es nach der Lehre ja interessant sein, „mal drei Monate in Kiel und vier Monate in Konstanz zu arbeiten, um sich dort vor Ort weiterzuqualifizieren“. Ein ähnliches Modell verfolgt auch die Vereins- und Westbank nach ihrer Fusion mit der Bayrischen Hypothekenbank.

Trotzdem sieht Bremme eine Gefahr: „Das ist eine bequeme Methode, Leute loszuwerden und sie in Dienstleistungs-GmbHs zu parken.“ Auf diese Weise sicherten sich die Großbanken „Arbeitskräfte-Pools“, könnten aber dennoch den Konzentrationsprozeß vorantreiben und ihre „Bankforce“-Abteilungen und Zeitarbeitsfirmen leicht zu „Bankfabriken“ ausbauen.

Kleinere Institute würden dann wirtschaftlich gezwungen, die Computer-Dienste diesen neuen Gesellschaften zu überlassen. Auf diese Weise, so schätzt Bremme, werden 170.000 reguläre Arbeitsplätze bei den Kreditinstituten verloren gehen. Kai von Appen