In Hamburg sind die Bücher neuer

■ Trotz methodischer Probleme: Kostenvergleich der Schulen in Stadtstaaten beweist Bremer Misere bei Lehrmitteln und Bauten

Bildung ist wichtig und teuer, soviel ist klar. Wieviel aber die Schulen tatsächlich kosten, wieviel Geld jede Unterrichtsstunde verschlingt und mit welchem finanziellen Aufwand SchülerInnen bis zum Abschluß geführt werden, ist äußerst schwer zu sagen. . Die „Schulstatistik ist nicht kompatibel mit der Finanzstatistik“, klagen Fachleute. Wer dann noch die Zahlen aus verschiedenen Bundesländern vergleichen will, bekommt wegen unterschiedlicher Schultypen und Berechnungsmethoden echte Probleme.

Außerdem fallen strukturelle Unterschiede ins Gewicht: So besuchen in Hamburg und Bremen im Durchschnitt doppelt soviele SchülerInnen eine Privatschule wie in Berlin, wo es zudem innerhalb der Landesgrenzen mehr schulpflichtige Kinder gibt als in den Hansestädten.

Trotz all dieser Klippen wollten es Die Grünen in Berlin dennoch wissen und beauftragten die Gutachter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung mit einer vergleichenden Studie über die Ausgaben für Schulen in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Trotz der aufgeführten methodischen Schwierigkeiten nahm der Gutachter Dieter Vesper die Aufgabe an und legte jetzt seine Ergebnisse vor – auf Basis der jüngsten verfügbaren Zahlen von 1996.

Erste festgestellte Größe ist das Verhältnis von SchülerInnen zu LehrerInnen. Hier liegen die Städte fast gleichauf: In Berlin betreut eine Lehrerin 14,6 SchülerInnen, in Bremen 14,5 und in Hamburg 14,4. Dafür hat Bremen die relativ wenigsten Lehrkräfte in Grundschulen (19,8), dafür die meisten in integrierten Gesamtschulen. Hier kümmert sich ein Pädagoge um 10,5 Kinder.

Die Studie bestätigt jedoch auch die Befunde der Unternehmensberater von Kienbaum, die für das Bremer Schulsystem einen hohen Anteil von Stunden festgestellt hatten, die nicht mit regulärem Unterricht, sondern mit Sonderaufgaben wie Förderunterricht, Betreuung von Archiven und ähnlichem gefüllt werden. Je Schüler wird in Bremen fast eine Viertel-Unterrichtsstunde (0,23) für Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden verwandt, in Berlin nur 0,18 und in Hamburg 0,15.

Das Personal ist in Berlin am billigsten, jede Lehrkraft kostet dortpro Jahr und SchülerIn 7.036 Mark, in Hamburg 8.016 Mark und in Bremen 8.095 Mark, wobei Grundschulen erheblich billiger, Sonderschulen jedoch weitaus teurer sind. Die Differenz erklärt der Gutachter zum Teil durch die niedrigeren Gehälter, die seinerzeit im Ost-Teil Berlins zu zahlen waren.

Wichtiger aber für die Differenz zwischen Berlin und Hamburg erscheint das unterschiedliche Gewicht der unterschiedlich teuren Schultypen. In Hamburg besuchen kanpp die Hälfte der SchülerInnen Gymnasien und Gesamtschulen – mit teureren Lehrkräften –, in Berlin nur ein Drittel. Der Abstand zwischen Bremen und Berlin erklärt sich so jedoch nicht: Hier sieht der DIW-Wissenschaftler keine markanten Differenzen. Fazit: In Bremen sind weit mehr Lehrer in höheren Besoldungsgruppen als in Berlin, auch wenn sie die gleiche Arbeit machen.

Leichter zu vergleichen sind die Sachausgaben für die Schulen, worin die Unterhaltung der Gebäude ebenso enthalten ist wie die Ausgaben für Lern- und Lehrmittel. Hier liegt Bremen weit abgeschlagen auf dem Billig-Platz. 595 Mark wurden pro Schüler in dem Jahr 1996 aufgewendet, in Berlin waren es 728 Mark und im reichen Hamburg sogar 1.444 Mark.

Daraus ergibt sich, daß die Bremer entweder sehr sparsam mit Energie und anderen Aufwendungen für die Gebäude umgegangen sind, oder daß sie ihre Schulbauten haben verrotten lassen. Die „Bewirtschaftung der Grundstücke und Gebäude“ ließ sich Bremen 1996 genau 358 Mark kosten, Hamburg wendete 607 Mark auf und Berlin 488.

Vollends dramatisch zeigt sich die Bremer Schulmisere aber an einem weiteren Punkt: Den Aufwendnungen für Lern- und Lehrmittel. Schlappe 59 Mark pro SchülerIn investierte Bremen in neue Bücher oder Computer. In Berlin gab es immerhin 77 Mark. Und Hamburg kauft demnach dreimal sooft neue Bücher als die kleine Schwester Bremen: An der Elbe wurden 170 Mark je Schüler für neue Lehr- und Lernmittel ausgegeben. jof