BVG-Busse für die Glatzen

■ 300 Neonazis demonstrieren in Hohenschönhausen. Massives Polizeiaufgebot. Staatssekretär Böse: Linke haben Demo aufgewertet

Nun konnten sie doch marschieren. Dank der Geheimhaltungspolitik von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) und der Polizei versammelten sich 300 NPD-Anhänger am Sonnabend vormittag unbehelligt von ihren Gegnern vor dem Hohenschönhauser „Linden- Center“. Mit schwarz-weiss-roten Fahnen und beschützt von einem massiven Polizeiaufgebot zogen die überwiegend glatzköpfigen Jugendlichen durch die Straßen und skandierten rassistische Parolen: „Arbeit zuerst für Deutsche!“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand!“ Am Ende des Zuges tauchten zum Erstaunen einiger ein paar Fahnen der Republikaner auf. Reps und NPD gelten in Berlin als völlig zerstritten.

Nach einem kurzen Zug hielt der Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der NPD, eine Rede, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ: „Hier hat sich der anständige Teil der Deutschen versammelt“, so Apfel, „während sich das Kroppzeug am Brandenburger Tor getroffen hat.“ Nach dem Ende der Kundgebung beeilten sich die Polizisten, die Rechtsextremen in eigens zur Verfügung gestellte BVG-Busse zu verfrachten. Auch wenn Innenstaatssekretär Kuno Böse sofort erklärte, die NPDler hätten die Stadt verlassen, hielt sich bis zum Nachmittag das Gerücht, sie würden am Ende doch noch zum Marsch durch das Brandenburger Tor ansetzen.

Eine Chance, der NPD vor Ort etwas entgegenzusetzen, hatte das „Bündnis gegen Rechts“ nicht. Als die NPD in Hohenschönhausen aufmarschierte, standen etwa 120 Gegendemonstranten am Rathaus Spandau, weil dort der Treffpunkt vermutet worden war. „Möglich gemacht“, erklärte das Bündnis später, „wurde der Aufmarsch durch die Unterstützung durch Schönbohm, der damit deutlich machte, wo er steht“. Böse warf am Sonnabend den Gegnern vor, mit ihren Aktionen die NPD „enorm aufgewertet“ zu haben.

Wolfgang Wieland, rechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, wertete die Mobilisierung dennoch als Erfolg. „Die Berliner Mitte gehört den Antifaschisten“, so Wieland, der sich mit einem großen Teil seiner Fraktion und etwa 300 weiteren Zuschauern bei der „Lesung gegen Rechts“ auf dem Pariser Platz versammelt hatte. Wenig erfolgreich verlief hingegen die Mahnwache einer achtköpfigen CDU-Delegation auf der anderen Seite des Brandenburger Tors unter dem Motto „Aufpassen Deutschland! Gegen Radikale von rechts und links!“ Nachdem sie mehrfach von Linken und deren Transparenten vor der Öffentlichkeit versteckt worden waren, gaben sie auf. Jeannette Goddar

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