Schonzeit für Zugvögel ist bald vorbei

■ Frankreich ist die EU-Vogelschutz-Richtlinie schnurzpiepegal. Jagdsaison verlängert

Paris (dpa/AFP) – Die französische Umweltministerin Dominique Voynet will verhindern, daß die Jagdzeit auf Zug- und Wasservögel in ihrem Land wieder verlängert wird. Nachdem die Nationalversammlung am Freitag abend entgegen Voynets Warnung einen Gesetzentwurf beschlossen hatte, der sich über die europäische Befristung hinwegsetzt, schloß die grüne Politikerin am Wochenende nicht aus, daß sie das höchste Verwaltungsgericht anrufen werde. „Die Jäger können sich auf einige Überraschungen gefaßt machen“, sagte sie. „Ich habe mein letztes Wort noch nicht gesprochen.“

Die nun von den Jägern heftig bekämpfte Vogelschutz-Richtlinie der Europäischen Union war 1979 einstimmig und unter Vorsitz Frankreichs beschlossen worden. Zwölf von 15 EU-Ländern hatten sie sogar für nicht ausreichend gehalten. Nach dieser Regelung dürfen Zug- und Wasservögel nur von September bis Ende Januar gejagt werden. Nach ihrem Amtsantritt vor einem Jahr hatte Voynet sie auch in Frankreich umgesetzt und die Jagdsaison dort entsprechend verkürzt. Der nun bereits im Senat und im Parlament verabschiedete neue französische Gesetzentwurf weitet den Zeitraum wieder um dreieinhalb Monate aus. Er sieht eine Jagdsaison vom 14. Juli bis Ende Februar vor.

Die Umweltministerin hob hervor, daß Frankreich nun in Brüssel mit einer Verurteilung und hohen Geldstrafen wegen Mißachtung europäischer Bestimmungen rechnen müsse – tatsächlich hat die EU-Kommission bereits angekündigt, daß sie ein Mahnverfahren einleiten wird. Zusätzlich kritisierte Voynet, daß das Parlament einseitig den Interessen der Jäger nachgegeben habe, die den Vogelfang als Volkssport betrieben. Vor allem in den ländlichen Regionen stellten die 1,6 Millionen eingetragenen Jäger offenbar ein wichtiges Wählerpotential dar. Erst im Februar hatten mehr als 200.000 Demonstranten gegen die EU-Richtlinie protestiert und eine Rückkehr zu den früheren Jagdzeiten gefordert.