■ Mann des Tages: Der Gott, der in Latte und Pfosten wohnt
: Allah (ist ja nun bekanntermaßen groß)

Es war das Duell der Konfessionen: Gottestaat gegen Gods own country. Was würde der Fußballgott dazu sagen? Wer ist das überhaupt? Seit Lyon ist dieses Geheimnis gelüftet: Allah heißt er.

Dreimal hatten die Iraner den papstäquivalenten Groß-Ajatollah in der Tasche, als die Amis Pfosten oder Latte trafen und auch sonst manche Chance verbuselten. Erklärbar allein mit Allahs großer Güte. Auch wenn, bei spontaner Recherche, keine Koranstelle auffindbar ist, die sich mit Fußballspiel und Glück beschäftigt.

Die US-Boys stürmten und rannten und fighteten. Gnadenlos offensiv. Machten alles so, wie es in den Lehrbüchern der Alten Welt steht: Flügelspiel, kontrolliertes Paßspiel, Leidenschaft, gute Flanken. Und, allegorieren wir uns letztmalig in die länderspezifischen Besonderheiten, vor allem in der zweiten Halbzeit schienen sie den iranischen Gegner in deren Strafraum in eine 444sekündige Strafraum-Geiselhaft nach der anderen nehmen zu wollen. Den Iranern mit ihrem tollen Torwart Abedzadeh (“Mit Gottes Hilfe ist es geglückt“) blieb nur eins: die Mutter aller Abwehrschlachten.

Teheran dürfte in Trance sein. Vor der einstigen US-Botschaft immer noch der alte Spruch: „Wir lassen Amerika die schwere Niederlage spüren.“ Einst war das Politik, jetzt ist es Fußball, das Opium fürs Volk: Aber ob der Sieg politischer Tranquilizer ist oder Aufputschmittel, muß sich auch im drogenarmen Iran in den nächsten Tagen zeigen. Bislang waren Fußballsiege weltweit immer systemstärkend. Mit Glück und Allahs Hilfe wird alles den richtigen Weg gehen.

Irans Rechtsflitzer Mehdi Mahdavikia, der mit seinen ärschelnden Tricks so manches mal die Gegner austanzte und das tolle Kontertor zum 2:0 erzielte, sagte nachher: „In der Kabine haben wir alle geweint. Jetzt werden wir auch gegen Deutschland gewinnen, so Gott will.“ Selbst das trauen wir ihnen nach dem erregenden Lyon-Match jetzt glatt zu. Allahu akbar – Gott ist groß. –müll-