Alt-68er als muntere Dealer

■ 15 Austeiger aus Schwaben sollen 20 Jahre lang als internationale Dealer aktiv gewesen sein. Durch den Verkauf von Haschisch und Kokain erwirtschafteten sie angeblich 50 Millionen Mark

Augsburg (taz) – 20 Jahre lang hat eine weltweit tätige Drogenbande aus Schwaben tonnenweise Haschisch und Kokain nach Deutschland geschmuggelt. In den vergangenen Wochen nahm die Polizei nun in Augsburg, Nepal und Südamerika fünfzehn Mitglieder der Bande – darunter eine Frau – fest. Schon kurz nach ihrer Studienzeit habe die Gruppe von Augsburger Aussteigern begonnen, ihren Lebensunterhalt mit dem Handel von Haschisch und Kokain zu finanzieren, so der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Jörg Hillinger, gestern. Die „Aussteiger-Connection“ habe wohl überwiegend aus Alt-68ern bestanden.

„Es wurden mindestens zehn Tonnen Haschisch und mehrere hundert Kilogramm Kokain verschoben“, ergänzte der schwäbische Polizeipräsident Hans Endres. „Die meisten Personen sind bisher polizeilich nicht in Erscheinung getreten, einige waren Sozialhilfeempfänger“, sagte Johannes Launhardt vom Bundeskriminalamt (BKA). Manche hätten das Drogengeld bei Weltreisen oder langen Auslandsaufenthalten ausgegeben. Erste Ermittlungen im vergangenen Dezember hatten nach Angaben der Polizei auf die Spur eines 43jährigen aus dem Raum Augsburg geführt. Man haben damit in ein Wespennest gestochen, so die Polizei. Mehr als 50 Millionen Mark seien damit erlöst worden, doch jahrzehntelang war niemandem die Dealerei aufgefallen. Die ruhigen Schwaben seien zwar immer wieder mal für einige Monate weg gewesen, niemand in der Nachbarschaft habe aber gewußt, daß sie von ihren Drogengeldern mal wieder eine Weltreise oder einen Segeltörn finanzierten.

Fünfzehn der aktiven Drogendealer, überwiegend aus Schwaben sowie aus Heilbronn, wurden von der „Dienststelle für überregionale Kriminalitätsbekämpfung“ (DÜK), von nepalesischen und venezuelanischen Polizeispezialeinheiten, Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaft festgenommen. Zum Teil hatten die Täter sogar die Drogenherstellung in den Ursprungsländern selbst mitorganisiert. Mittels eines geschickt präparierten Wohnmobils und einer Hochseejacht kamen immer wieder große Teilmengen ins Land. Zehn Jahre lang sei ein in der Nähe von Augsburg sichergestelltes Wohnmobil im Einsatz gewesen. In Alublech eingeschweißt und hinter den Seitenverkleidungen versteckt war das Kokain und Haschisch über Marokko oder auch Venezuela und Nepal eingeführt worden. Ein Bandenmitglied soll die Münchner Schickeria mit Kokain versorgt haben. Einer der fünfzehn Verhafteten hat sich vor kurzem im Gefängnis das Leben genommen. Klaus Wittmann