Trittin siegt auf der ganzen Linie

Nach mehrstündiger Diskussion stellt sich die grüne Fraktions- und Parteispitze hinter ihren Sprecher. Forderung nach Rücktritt wird scharf zurückgewiesen  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Mit einer eindeutigen Solidaritätserklärung haben sich gestern Bundes- und Fraktionsvorstand von Bündnis 90/Die Grünen hinter Vorstandssprecher Jürgen Trittin gestellt, der wegen seiner Äußerungen über öffentliche Gelöbnisse ins Kreuzfeuer der Kritik geraten war.

Mitverfasser des gemeinsamen Papiers ist neben Bundessprecherin Gunda Röstel auch Fraktionschef Joschka Fischer, der sich noch am Freitag im Bundestag von Trittin distanziert hatte. Der Vorwurf Trittins an die Adresse von Verteidigungsminister Volker Rühe, die Bundeswehr mit Gelöbnissen auf öffentlichen Plätzen in die Tradition der Wehrmacht zu stellen, hatte sogar zu Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen geführt. Politische Freunde von Trittin sprachen daraufhin von einem „Realo-Mobbing“ und forderten Solidarität von Partei und Fraktion mit dem Vorstandssprecher.

Diese Solidaritätserklärung hat er nun bekommen. Bundes- und Fraktionsvorstand „weisen mit allem Nachdruck die Angriffe und Rücktrittsforderungen“ gegen Trittin zurück, heißt es in dem Papier, dessen Verfasser sich „nachdrücklich gegen öffentliche Gelöbnisse“ aussprechen. „Jürgen Trittin hat nicht die Bundeswehr in die Tradition der Wehrmacht gestellt. Soweit es sich bei einem gegenteiligen Eindruck nicht um gewollte Verdrehungen, sondern um echte Mißverständnisse handelt, wollen wir das noch einmal richtigstellen. Einen gegenteiligen öffentlichen Eindruck bedauern wir.“ Sogar der Hinweis Trittins, das Rekrutengelöbnis habe am Jahrestag des Massakers von Lidice stattgefunden, bekommt nachträglich den Segen von Partei- und Fraktionsspitze: Es zeige „gerade den falschen Begriff von Tradition“, wenn „offenkundig ohne Beachtung des historischen Hintergrunds“ der 10. Juni als Termin für das „als Wahlkampfmanöver geplante Gelöbnis benutzt wird“.

Es hatte Kerstin Müller, Joschka Fischer, Werner Schulz, Jürgen Trittin, Gunda Röstel und Heide Rühle mehrere Stunden gekostet, sich auf diese Erklärung zu einigen. Nicht alle Trittin-Kritiker sind jetzt befriedet. Die Abgeordnete Uschi Eid erklärte der taz: „Dies ist nicht meine Erklärung. Wenn die beiden Gremien das erklären, ist das deren Sache.“