Analayse
: Unsichtbare Opposition

■ Der Versuch, Milosevic-Gegner in Serbien zu einen, ist erneut gescheitert

Ein weiterer Versuch, die Reihen der serbischen Opposition fester zu schließen, ist kläglich gescheitert. Diesmal versuchte es Jugoslawiens Ex-Premier Milan Panić, der seit Jahren in der politischen Szene Serbiens herumgeistert. Der Amerikaner serbischer Herkunft, Geschäftsmann und Millionär, versammelte in Niš, der zweitgrößten Stadt Serbiens, Vertreter serbischer Oppositionsparteien. Panić' finanzielle Möglichkeiten haben eine große Anziehungskraft für die verarmte, ewig zerstrittene Opposition.

Panić hatte schon immer gute Ideen: Mit einer Balkan-Konföderation wollte er die Versöhnung aller Völker des ehemaligen Jugoslawien erreichen. Im nationalistischen Serbien konnte er sie jedoch nicht verwirklichen. Dem Ruf des Amateur-Politikers, eine „Demokratische Bewegung Serbiens“ zu gründen, folgten nur einige kleine Oppositionsparteien.

Doch wie regimetreue Medien zu Recht spotteten: Es war eine Versammlung von Parteipräsidenten, die niemanden vertreten. Denn die regierenden beiden Linksparteien – Sozialisten und Jugoslawische Linke – , die extrem-nationalistischen Radikalen von Vojislav Šešelj und die Serbische Erneuerungsbewegung unter Vuk Drašković, werden von weit mehr als zwei Dritteln der Wähler in Serbien unterstützt.

Der Vorsitzende der Demokratischen Partei (DS), Zoran Djindjić, glänzte in Niš durch Abwesenheit. Wo er nicht die erste Geige spielen kann, erscheint Djindjić lieber gar nicht. Dabei hat von allen außerparlamentarischen Parteien nur die DS wenigstens einen minimalen Grad an Organisation in Serbien. Panić' Idee war es, den Präsidenten Montenegros, Milo Djukanović, und den Premier der Republika Srpska, Milorad Dodik, nach Niš einzuladen. Die beiden stellen die einzige Macht dar, die sich Jugoslawiens Präsident Milošević widersetzen kann. Djukanović und Dodik kamen nicht, ersterer schickte ein Unterstützer-Telegramm, doch das nur, um Milošević zu ärgern. Wieder hat sich gezeigt, daß eine Antipathie gegenüber Milošević nicht ausreicht, um die Opposition zu einen. Der demokratische Aufbruch in Montenegro und der Republika Srpska könnte zwar ermutigend auf Serbien wirken, doch eine authentische oppositionelle Kraft kommt nicht zustande. Apathie und Mißtrauen gegenüber Politikern sind bei den Serben mittlerweile tief verwurzelt.

Milan Panić kann nicht halbherzig, wenn ihm seine expandierende Arzneimittelindustrie gerade mal Zeit läßt, in die Niederungen der serbischen Politik herabsteigen. Vor sechs Jahren war er ein Hoffnungsträger im Kampf gegen Milošević. Damals ließen ihn Amerika und Europa im Stich. Inzwischen ist er für einen Neuanfang zu alt, hat aber auch über Politik und Gesellschaft in Serbien nichts dazugelernt. Andrej Ivanji