■ Wahrheit-Reporter vor Ort: Nationale und internationale BBQ-Meisterschaften in Pforzheim
: Zur Förderung der freizeitlichen Grillkultur

Pforzheim (taz) – Was Deutschland mit der Fußball-WM 2006 wohl nicht mehr gelingen wird, haben die Pforzheimer Stadtväter schon geschafft: Ihre Stadt war am vergangenen Wochenende Austragungsort einer internationalen Doppelveranstaltung. Mit der ersten regulären „Deutschen Grillmeisterschaft für Amateure“ sowie der offiziellen „Dritten Barbecue-Europameisterschaft“ standen im Enzauenpark bei Pforzheim gleich zwei eiweißintensive Leistungsschauen auf dem Programm. Nachdem die bundesdeutschen Hobby-Bratmaxe bereits am Samstag gegeneinander angetreten waren, kam es am Sonntag zum Showdown der Lebensmittel-Profis aus Holland, Österreich, der Schweiz und Deutschland.

Beide Meisterschaften wurden von führenden Fleischerfachverbänden und potenten Sponsoren ausgerichtet, Initiator war die German BBQ Association e.V. (GBA). Ganz nach US-Vorbild, verpflichtet sich die GBA – gemäß Satzung – zur Förderung der freizeitlichen Grillkultur, zum internationalen Ausstausch von Gebräuchen sowie zur warenkundlichen Produktentwicklung. Im Mittelpunkt des Interesses standen die liebevollen Kreationen der insgesamt 37 Mannschaften. Die Palette der Speisen reichte von marinierten Hähnchenschenkeln auf Zucchinireis über geschwärzten Lachs mit Krautgemüse bis hin zur Cajun-Küche, die ein Gästeteam aus Texas zum Genuß freigab. Auf die obligatorische Vielfalt an Gewürzsaucen kann an dieser Stelle leider nicht eingegangen werden.

Die 36 erlauchten Juroren hatten es sichtlich schwer, eine gerechte Entscheidung zu treffen. Zum Glück gab es ein festgelegtes Regelwerk, nach dem sich Amateure wie EM-Profis gleichermaßen zu richten hatten. Primär wurden vier Kategorien bewertet: Je ein Fisch-, ein Geflügel- und ein Rindfleischgericht sowie ein Dessert waren auf einem Grill zu garen. Das Arbeitsgerät war vorgeschrieben. Es galt für alle Teams, einen bestimmten Markengasgrill, einen Ceranglas-Elektro-Tischgrill und selbstverständlich einen individuell gewählten Holzkohlegrill in die Zubereitung einzubeziehen. Die teilweise geheimnisvollen Rezepturen durften die Teilnehmer selbst bestimmen. Größte Herausforderung: Die Fleischmahlzeit mußte zu einem verabredeten Zeitpunkt termingerecht serviert werden. Nur so war es der Jury möglich, den Garzustand und den Geschmack halbwegs objektiv zu beurteilen. Eine Sonderprämie für das beste Würstchen gab es zudem vom Deutschen Zentralverband Naturdarm.

Tischpräsentation und Gesamtharmonie der einheitlich kleinen Standflächen waren zusätzliche Bestandteile der GBA-Punktwertung. Da war es nur klug, die deutsche Amateur-Meisterschaft von der erheblich professionelleren EM zu trennen. Dem massiven Deko-Aufwand der Profis hätten beherzte Amateure wie die Alpirsbacher Klostergriller oder die deutschen Meister von der Kreishandwerkerschaft Pforzheim wenig entgegensetzen können. An der kreativen Dekorationswut der EM-Berufsgastronomen ließ sich bei kritischer Betrachtung sehr wohl auch die Notwendigkeit einer Image-Politur in Sachen Fleisch ablesen.

Überhaupt gehörte es offenbar zu den wichtigsten Zielen der Veranstaltung, Vorurteile gegenüber Fleischprodukten abzubauen. Warnungen vor gesundheitsschädlichen Aspekten des Grillens wurden während einer halbstündigen Podiumsdiskussion einhellig entkräftet. Weiterhin bemühten sich die Sponsoren, Sicherheitsrisiken bei der Verwendung unzureichender Anzündhilfen und billiger Grills anzuprangern. Unter dem Motto „Mit SICHERHEIT Spaß am Grillen“ wurde auf das allgegenwärtige TÜV-Sicherheits-Siegel hingewiesen.

Gebannt verfolgten die zahlreichen Zuschauer die EM-Siegerehrung. Es hagelte geradezu goldene Pokale und Ehrenurkunden. Gesamtsieger wurde das achtköpfige „Team Warsteiner“ aus der Schweiz. Noch größere Aufmerksamkeit als den frischgebackenen Grillmeistern aus dem Nachbarland widmete das Publikum jedoch einem konkurrierenden Wettkampf, der per Großbildleinwand übertragen wurde – der WM-Zitterpartie der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Jugoslawien. Daniel Wippermann