Uni-Gebühren verfassungswidrig

■ Kieler Jurist: Bezahltes Studium verletzt die Ausbildungsfreiheit

Berlin (taz) – Die in Baden- Württemberg geplanten Gebühren für das Überschreiten der Regelstudienzeit verstoßen gegen das Grundgesetz. Zu diesem Ergebnis kommt der Kieler Jurist Albert von Mutius in einer 80seitigen Stellungnahme, die er im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erstellte.

Albert von Mutius begründet seine Ansicht damit, daß Studiengebühren „das Grundrecht auf Ausbildungsfreiheit“ verletzen. Ein „Recht auf Bildung“ steht zwar nicht explizit im Grundgesetz. Aber Artikel 12 der Verfassung („Berufsfreiheit“) beinhaltet nach herrschender juristischer Meinung auch ein Recht auf die freie Wahl des Ausbildungsplatzes. Daraus leitet von Mutius ein Teilhaberecht „des Staatsbürgers zu einem Hochschulstudium seiner Wahl“ ab – bei unentgeltlichem Zugang. Eine pauschale Erhebung von 1.000 Mark an Gebühren wäre überdies nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Grundgesetz) vereinbar. Diese hohe Verfassungsnorm gebiete, „zwischen einzelnen Studiengängen zu differenzieren.“

Der am Lorenz-Stein-Institut in Kiel lehrende Rechtsprofessor lehnt über die konkret behandelte baden-württembergische Regelung hinaus auch die künftige Einführung von Studiengebühren ab. Immatrikulierte Studenten genössen Vertrauensschutz, da ihnen das Grundgesetz den Zugang zu den Hochschulen garantiere. Die GEW sieht sich durch von Mutius ermuntert, Modellklagen betroffener Studenten gegen die Gebühr von 1.000 Mark pro Semester zu unterstützen. Tausende von Studenten erhielten in diesen Tagen bereits Zahlungsaufforderungen.

„Mit Aktionen gegen die Studierenden versuchen PolitikerInnen, vom Scheitern der Hochschulpolitik abzulenken“, sagte Gerd Köhler vom Hauptvorstand der GEW. Köhler verwies auf überfüllte Seminare, Engpässe bei Laborplätzen, vergriffene Literatur und die Notwendigkeit für 70 Prozent der Studierenden, parallel zum Studium zu jobben. Auch der studentische Dachverband fzs begrüßte das Gutachten. Mit Gebühren würden junge Menschen aus ärmeren Elternhäusern vom Studium ausgeschlossen. cif