■ Warum werden Exil-Iraner im Gegensatz zu Hooligans ausgegrenzt?
: Polizeiliche Planspiele

Mindestens 1.000, nach manchen Quellen bis zu 10.000 IranerInnen aus europäischen Ländern hatten am vergangenen Wochenende Einreiseverbot nach Frankreich. Französische PolizistInnen wiesen sie an den Landesgrenzen ab, egal, ob sie eine europäische Staatsangehörigkeit oder den Status anerkannter Flüchtlinge hatten, ob sie Tickets besaßen oder nicht. Der Grund: Das Regime in Teheran hatte für das Spiel Iran–USA verlangt, daß jede oppositionelle Regung verhindert werden sollte. Trotz der diplomatischen Probleme zwischen Frankreich und dem Iran, trotz des autoritären Charakters des Mullah-Regimes und trotz der kulturellen und geographischen Distanz zwischen den beiden Ländern hat die Zusammenarbeit zwischen französischer Polizei und iranischen „Sicherheitsexperten“, von denen sechs zur WM nach Frankreich gereist sind, blendend funktioniert. Abgesehen von Protest-T-Shirts und Protestfahnen, auf denen das „IR“ für die „Islamische Republik“ fehlte, gab es in Lyon aus polizeilicher Sicht und aus der des Mullah-Regimes „keine Probleme“.

Mit den PolizeiexpertInnen in Großbritannien und Deutschland hingegen ist die Zusammenarbeit bereits in zwei Fällen gescheitert – in Marseille und in Lens. Und das, obgleich die Kollegen seit Jahren nicht nur in der EU, sondern im Falle Deutschlands auch im Schengen-Verband zusammenarbeiten, die vielfach persönlich mit ihren französischen KollegInnen bekannt sind, die umfassende Hooligan-Dossiers führen und sich seit Monaten gemeinsam auf die WM vorbereitet haben.

Das sollen wir glauben: daß die Polizei zwar mindestens tausend iranische Oppositionelle, nicht aber ein paar hundert europäische Hooligans stoppen konnte? Daß sie in Marseille nicht in der Lage war, ein paar besoffene, orientierungslose englische Jungs auf einem Strand unter Kontrolle zu halten? Daß sie einen Bus voller deutscher Rechtsextremer nicht aufhalten konnte?

Diese WM ist neben dem sportlichen vor allem ein polizeiliches Ereignis. Sie ist die Generalprobe für eine neue internationale Polizeizusammenarbeit. Jeder einzelne der tragischen Zwischenfälle, jedes neue Gewaltbild in den Medien liefert ein Argument für ihre Intensivierung. Die effiziente Grenzschließung, die dieses Mal die Freizügigkeit von IranerInnen in Europa verhindert hat, könnte bei einer anderen Gelegenheit andere politisch Inopportune treffen. Bloß eben nicht Hooligans und Rechtsextreme. Dorothea Hahn