Trotz Schengen: Grenzen dicht für Fußballschläger?

■ Frankreich diskutiert polizeiliche Konsequenzen aus den Schlägereien der letzten Tage

Paris (taz) – „Englische Taugenichtse – deutsche Grobiane“, so nannte gestern die konservative Tageszeitung Le Figaro die Hooligans, die die Fußballweltmeisterschaft zum Gewaltereignis gemacht haben. Innenminister Jean- Pierre Chevènement sprach von „Schlägern, Fanatikern und Faschisten“. „Arschlöcher“, schrieb die kommunistische Humanité.

Im Innenministerium waren gestern bereits politische Konsequenzen in der Diskussion. Vor allem erwog Chevènement, die Kontrollen an den Grenzen wieder einzuführen. Das auch von Frankreich unterzeichnete Schengener Abkommen läßt diese Einschränkung der Freizügigkeit in Europa mit einer Vorbehaltsklausel zum Schutz der nationalen Sicherheit zu – für eine „Übergangszeit“. Aber schon an der belgischen Grenze hat Frankreich seine Schlagbäume nie abgebaut, offiziell, um die Einfuhr von Drogen aus den Niederlanden zu verhindern.

Für eine einzelne Nationalität waren die Grenzkontrollen bereits am vergangenen Wochenende Realität. IranerInnen, die vor dem Spiel Iran–USA nach Frankreich einreisen wollten, wurden in den 24 Stunden vor dem Treffen am Sonntag in Lyon systematisch von den französischen Grenzern abgewiesen. Mit „rund 1.000 Personen“ bezifferte das Innenministerium in Paris gestern die Zahl der „provisorischen Territoriumsverbote“. Der Sprecher der polizeilichen Einsatzzentrale für die WM begründete die Maßnahme damit, „einige“ der Betroffenen hätten keine Einreisepapiere für Frankreich und „andere“ keine Tickets für das Spiel gehabt.

Ein Sprecher der oppositionellen „Volksmudschaheddin“ in Paris sprach gestern hingegen von „rund 10.000“ zurückgewiesenen Personen. Darunter skandinavische Staatsangehörige sowie anerkannte Flüchtlinge aus zahlreichen europäischen Ländern, die bekanntlich das Recht auf Freizügigkeit haben. Manche IranerInnen wurden aus Zügen herausgeholt, andere in Bussen und Privatwagen gestoppt. Viele hatten Eintrittskarten für das Iran–USA-Spiel.

Die französische Polizei-Einsatzzentrale für die WM arbeitet gegenwärtig mit bis zu 200 Polizisten aus allen Teilnehmerländern der WM zusammen. Jeweils einer von ihnen sitzt im Bedarfsfall in Paris mit den französischen Kollegen zusammen. Trotz der Gewaltprobleme in Marseille und Lens spricht das Innenministerium von „hervorragender internationaler Zusammenarbeit“. Dorothea Hahn