Verstümmelte Kunst

■ Gegen die Sparpläne des Senats regt sich heftiger Widerstand in der bildenden Kunst

Am effizientesten ist die Kulturbehörde bei der Förderung von Streichkonzerten. Die macht sie nämlich gleich selber. Wie vor zwei Jahren schon mal geprobt, wird jetzt die Förderung nichtinstitutioneller junger Kunst gestrichen: Die bundesweit vorbildlichen und 17 Jahre lang erfolgreichen „Hamburger Arbeitsstipendien für bildende Kunst“, die ein Jahr lang jungen Talenten ein Monatssalär gewähren, sollen von zehn auf fünf reduziert werden. Und die „Woche der bildenden Kunst“, die immer anregend, manchmal schwierig und zugegebenermaßen nicht immer erfolgreich ausgefallen ist, wird ganz abgeschafft. Kritik an einem Kulturevent führt heute eben fast sofort zur Abschaffung, statt zur Verbesserung desselben. Ein Teil des eingesparten Geldes soll dann eine repräsentative Veranstaltung im Jahre 2000 mitfinanzieren.

Zwar ist dies durch den Senat noch nicht endgültig beschlossen, die notwendige Kritik aber rührt sich schon. Schließlich sind die einzigen je realisierten Vorschläge betroffen, die im „14-Punkte-Programm zur Verbesserung der Situation von Kunst und Künstlern in der FHH“ von der Arbeitsgruppe Bildende Kunst Hamburg schon 1981 gefordert wurden. Und so nimmt es nicht Wunder, daß der Vorsitzende dieses Gremiums, Dr. Helmut R. Leppien von der Kunsthalle, den ersten Protestbrief schrieb. Auch die Kunsthochschule warnt: Die Arbeitsstipendien seien für die Bindung des Nachwuchses an Hamburg elementar, schreibt Bogomir Ecker für die HfbK. Inzwischen hat sich in Erinnerung an die „Freie Vereinigung“ der Künstler aus den späten Siebzigern nun eine „KPO – Kultur Politische Opposition“ gegründet und ist mit einem Rundbrief an die Öffentlichkeit getreten, der in ultimativer Diktion die Wut nur mühsam in eine Form bringen kann.

Aber ist die Vorgabe, mit der die Kulturbehörde in die Finanzverhandlungen 1999 geht, nicht nur ganz normal gewordene Sparroutine, die nach einem kurzen Aufschrei klaglos hingenommen werden muß? Schließlich muß überall gespart werden, trotz der unbestreitbaren Tatsache, daß der private Reichtum in dieser Hansestadt stetig wächst. Nein, hier geht es nicht mehr um Abmagerung, hier werden zugunsten eines fragwürdigen Jahrtausendspektakels dem Kunstkörper Gliedmaßen amputiert: bildlich gesprochen zugleich die Geschlechtsorgane und die Flügel – der Nachwuchs und die Utopieproduktion. Hajo Schiff