An Eides Statt: Ich liebe Dich

Hamburgs StandesbeamtInnen sollen künftig „Scheinehen“ verhindern  ■ Von Elke Spanner

Der „schönste Tag des Lebens“ ist für viele Hochzeitspaare schlicht der lukrativste Tag des Lebens. Steuervorteile, bessere Beförderungschancen, das Recht auf eine größere Wohnung: Es gibt zahlreiche Gründe, den Bund fürs Leben zu schließen. Bei Deutschen reicht dafür ein schlichtes Ja-Wort. Binationale Paare aber müssen den StandesbeamtInnen zudem noch ihre Motive überzeugend darlegen. Denn am1. Juli tritt das neue Eheschließungsgesetz in Kraft, das StandesbeamtInnen auf die Jagd nach „Scheinehen“ schickt: Vermuten sie, daß ein Paar heiratet, damit der ausländische Partner ein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommt, dürfen sie es nicht trauen.

Während andere Bundesländer derzeit Kriterien erarbeiten, nach denen StandesbeamtInnen checken können, ob eine Ehe erwünscht ist oder nicht, will Hamburg die Entscheidung ins Ermessen der einzelnen BeamtInnen stellen. Die sind darüber wenig beglückt, wissen doch auch sie weder, was eine wirkliche „eheliche Lebensgemeinschaft“ sei, noch, wie sie diese überprüfen sollen. „In unserer modernen Gesellschaft ist es sogar üblich, daß Ehepaare in getrennten Wohnungen leben“, weiß Rolf Paschen, der Vorsitzende des Landesverbandes der hamburgischen Standesbeamten. Helmut Weidelener, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, will im Verdachtsfall etwa herausfinden, wie lange sich ein Paar schon kennt. „Zweifel kommen auch auf, wenn der ausländische Ehepartner keinen Paß hat.“

Die Neuregelung geht zurück auf „Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen“, die der Rat der Europäischen Union im November 1997 verabschiedete. Wieviele AusländerInnen aus Motiven heiraten, die den deutschen und europäischen Gesetzgebern nicht schmecken, weiß niemand.

57.000 Ehen zwischen Deutschen und Nichtdeutschen wurden allein im vergangenen Jahr bundesweit geschlossen, in Hamburg ist jede sechste Ehe binational. Ihnen wurde schon immer ein „kollektives Mißtrauen“ entgegengebracht, sagt Christine Bertram vom „Verband binationaler Familien und Partnerschaften (IAF)“ in Hamburg: Gingen Ehepaare zur Ausländerbehörde, würden sie dort getrennt nach Details aus dem Privatleben befragt, etwa nach dem letzten Geburtstagsgeschenk. Auch bei NachbarInnen würde nachgeforscht. Daß binationale Ehepaare plötzlich Hausbesuche bekamen, bei denen BeamtInnen die Anzahl der Zahnbürsten überprüften, sei auch schon vorgekommen. Beim Verdacht auf „Scheinehe“ hätte die Ausländerbehörde dann das Aufenthaltsrecht versagt.

Nun wird das Ausforschen des Privatlebens den StandesbeamtInnen zur Aufgabe gemacht. Die dürfen die Heiratswilligen einzeln oder getrennt vorladen, sich sogar eidesstattliche Versicherungen geben lassen über Tatsachen, die für eine „eheliche Lebensgemeinschaft“ sprechen. „Eine solche Motivforschung ist einer freiheitlichen Gesellschaft nicht würdig“, kritisiert Bertram. „Wenn jemand aus politischen Gründen heiratet, damit etwa ein kurdischer Asylbewerber nicht abgeschoben und gefoltert wird, ist das eine freie, individuelle Entscheidung. Die muß doch geschützt sein.“