Graue Wölfe an der Uni?

■ Uni-Wahlkampf: Linke werfen der konservativen „Kaktus“-Liste Nähe zu den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ vor

Paktiert der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) mit einem Ableger der rechtsextremen türkischen Grauen Wölfe? Mehrere linke politische Gruppen an der Universität behaupten das in Flugblättern, die derzeit an der Uni kursieren, wo gerade die Hochphase des Wahlkampfes für die Studierendenrats-Wahlen erreicht wird.

„Das ist äußerst mieses Niveau“, hält Claas Ronmeyer vom RCDS dagegen. Die Vorwürfe seien eine „polemische Frechheit und diffamierend“. Schon bei der Studierendenratswahl im letzten Jahr habe man sich solche Vorwürfe gefallen lassen müssen. Dahinter stecke die Angst des AStAs vor Machtverschiebungen an der Uni.

Unter Beschuß: der BTAB, der „Bremen Türk Akademisiyen Birligi“ (Bremer Bund Türkischer Akademiker). Mit dem RCDS hat sich der BTAB – wie letztes Jahr – zur Listenvereinigung „Kaktus“ zusammengefunden, um in den derzeit laufenden Studierendenrats-Wahlen gewählt zu werden. Im letzten Jahr bekam Kaktus drei von 25 Sitzen in dem Gremium, das den AStA bestimmt. Der Kaktus aber, so ein Flugblatt der antirassistischen/feministischen Liste, der uniPDS und der Radikalen Linken, sei „ein garstiges Gewächs“: Der BTAB sei ein direkter Ableger der nationalistischen Grauen Wölfe. Die KandidatInnen werden aufgefordert, von ihrer Kandidatur zurückzutreten. Die Grauen Wölfe propagieren ein großtürkisches Reich und schreckten in der Vergangenheit auch vor Gewalt nicht zurück. Vom Verfassungsschutz werden sie derzeit noch als extremistisch eingestuft.

„Wir haben nichts mit den Grauen Wölfen und ihrer faschistischen Ideologie zu tun“, sagt dagegen Erhan Ercan, BTAB- und RCDS-Mitglied und Spitzenkandidat der Liste. Für den Studierendenrat kandidiert er, weil „Türken und Türkinnen sonst gar nicht zur Wahl gehen würden.“ Gegenüber der Politik der Türkei sei man „indifferent“, die BTAB letztendlich eine „Genußorganisation“: „Wir sind 30 Freunde, wir feiern und gehen Grillen“, beschreibt der 22jährige Wirtschaftsstudent das Vorgehen seiner Organisation, deren politische Leitlinien sich eng an denen des RCDS orientieren: kein allgemeinpolitisches Mandat, keine Geldverschwendung durch den AStA, mehr Dynamik in die Hochschulpolitik.

Der Vorwurf der linken Gruppen beruht offensichtlich auf einer Beschreibung der EATA, der „Avrupa Türk Akademisyenler Birgli“ in dem Buch „Die Grauen Wölfe heulen wieder“. Der europaweit agierende Zusammenschluß türkischer Akademiker mit dem ähnlichen Namen wie der BTAB wird als eine der wichtigen Lobbygruppen von national denkenden Türken in Deutschland beschrieben. Die EATA habe das Ziel, so wird eine Selbstdarstellung zitiert, „die stetig zunehmende Zahl türkisch-stämmiger Akademiker, Studenten und Universitätsangestellter unter einem Dach zu sammeln und mit ihnen gemeinsam Ziele zu verfolgen.“ Direkte Unterstützung käme von türkischen Konsulaten und Unternehmen. Ein direkter Zusammenhang zu den Grauen Wölfen wird im Text nicht hergestellt.

Tatsächlich, so räumt BTAB-Mann Ercan ein, gebe es auch in Bremen einen Ableger des EATA. Er selbst gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern im Dezember 1997. Nach vier Monaten sei er bereits wieder ausgetreten – die EATA-Leute seien ihm zu chaotisch gewesen. Immer noch aber gebe es Mitglieder beim BTAB, die auch im EATA organisiert seien.

Jetzt warten viele an der Uni darauf, daß die Flugblatt-UnterzeichnerInnen Fakten nachlegen. Denn Graue Wölfe will niemand im Studierendenrat haben. Bislang sind von den 18.000 Studierenden weniger als 1.000 in den Wahllokalen aufgetaucht, um ihr Kreuzchen zu machen. Bis Freitag haben sie dazu noch Zeit. Christoph Dowe