■ Surfbrett
: Ein Buchhändler, der online nur kassieren will

Als eine Münchener Firma, die sich schlicht „Buch.de“ nennt, den bereits gut eingeführten deutschen Versandbuchhändler „ABC“ aufgekauft hatte, fand es die Marketingabteilung passend, sich selbst mit der Adresse „amazon.com“ zu vergleichen. „Die größte deutschsprachige Internetbuchhandlung“ wolle diesem schon zur Legende gewordenen Online-Buchversand sogar „Paroli bieten“, hieß es da. Nun hat Jeff Bezos, der Gründer von amazon.com, in dieser Zeitung selbst bedauert, daß er deutsche Kunden noch nicht ausreichend zufriedenstellen kann – die Auslieferung ist zu teuer –, und bei dieser Gelegenheit verraten, worin er den Grund seines Erfolges in den USA sieht. Die Masse allein ist es nicht, Computer können nahezu beliebig große Kataloge verarbeiten. Nein, Bezos hat ziemlich viel Geld für die Programmierung einer Website ausgegeben, die sehr viel mehr leistet, als nur Bücher anzupreisen. Bezos, selbst aus der Computerbranche kommend, achtete auf jedes technische und psychologische Detail, „amazon.com“ ist eine Art Literaturanzeiger der Web geworden, durchaus vergleichbar den Literaturbeilagen, die deutsche Feuilletons zu Messezeiten herausgeben. Die Münchener hätten auf dieses Muster einer Netz-Dienstleistung wenigstens einmal einen Blick werfen sollen. Aber im Gewinnfieber scheinen sie dafür keine Zeit gehabt zu haben. Verantwortlich für ihre Website zeichnet ein gewisser „Aachener Buchversand“. Er leiht der Website unter „www.buch.de“ seinen Namen, seine Beziehungen zur Münchner Eigentümerfirma bleiben dunkel. Das Wichtigste ist ohnehin die Rubrik „Einkaufskorb“, die in jedem Standardprogramm für Online- Vermarktung enthalten ist. Hier soll der Bestellzettel möglichst schnell mit Büchern vollgestopft werden, damit der Kaufpreis umgehend vom Konto des Kunden abgebucht werden kann. Es riecht nach Kasse. Notdürftig sind vor diesen einzigen Geschäftszweck ein paar Buchumschläge auf die Startseite gestellt, die anderen der angeblich 750.000 Titel, die hier bestellt werden können, dürfen wir mit einer primitiven Suchfunktion selbst finden. Niemand hilft, es geht diesen Online-Krämern nicht um Bücher, nicht um die Leselust oder gar um die Liebe zur Literatur. „amazon.com“ hat gezeigt, daß gerade damit im Internet Geld zu verdienen ist. Davon hat „buch.de“ noch nichts verstanden. niklaus@taz.de