: Deutsche Hools dürfen weiterhin einreisen
■ Nach anfänglicher Kritik lobt die französische Polizei die Zusammenarbeit mit den deutschen Kollegen. Deutsche Hooligans werden in Frankreich über die Folgen ihres Verhaltens belehrt
Paris (taz) – „Verheerend“ nannte der Bürgermeister von Lens, André Delelis, die Anti- Hooligan-Zusammenarbeit zwischen deutscher und französischer Polizei. Der Sozialist, in dessen Stadt der Polizist Daniel Nivel (43) schwer verletzt wurde, war mit dieser Kritik der erste Politiker, der seine Stimme gegen den lobhudelnden Mainstream über die internationale Kooperation aus Anlaß der WM erhob.
Im französischen Innenministerium hingegen gilt die internationale Kooperation, die seit Beginn der WM Polizeiexperten aus allen Teilnehmerländern nach Frankreich geführt hat, weiterhin als „vorbildhaft“. Die Inanspruchnahme von Artikel 2.2 des Schengener Abkommens, wonach in „Ausnahmefällen“ Grenzkontrollen doch wieder möglich sind, zog Innenminister Jean-Pierre Chevènement gestern allerdings zurück. Er wolle den „festlichen Charakter der WM“ nicht stören, sagte er. An den Grenzen zu Deutschland werde es „keine besonderen Kontrollen“ geben, sagte ein Sprecher. Zumindest nicht für deutsche Hooligans. Denn eine neuerliche Grenzschließung für iranische Oppositionelle während des heutigen Spiels Iran–Deutschland vermochte der Sprecher gestern nicht auszuschließen.
Wie schon seit dem Beginn der WM werden auch heute wieder spezialisierte „Spotter“ versuchen, die nach Frankreich eingereisten Hooligans zu verfolgen. Sie werden ihnen sagen, daß sie sich korrekt verhalten müssen und ihnen andernfalls Strafen androhen. Weitergehende präventive Maßnahmen gegen Hooligans werden in Paris nicht erwogen.
Insgesamt hat die französische Justiz seit dem 10. Juni 91 Strafermittlungsverfahren eingeleitet – in den meisten Fällen wegen öffentlichem Alkoholismus und Gewalt. Das unter Hooligans verbreitete Tragen von NS-Symbolen, das in Frankreich gegen mehrere Gesetze verstößt, war bislang nicht Gegenstand von Verfolgungen.
Ebenfalls seit Beginn der WM haben 71 Schnellverfahren stattgefunden, in denen 31 Personen verurteilt wurden. Davon 14 zu Gefängnisstrafen. Insgesamt elf Hooligans wurden bis gestern nach Deutschland und England abgeschoben und erhielten längerfristige „Territoriumsverbote“ für Frankreich. Die Schnellverfahren wenige Stunden nach der Tat werden in Frankreich häufig bei Delikten wie Diebstahl, Schlägereien, und auch Randale am Rand von Demonstrationen eingesetzt. Voraussetzung für ein solches Verfahren ist, daß das Strafmaß nicht höher als fünf Jahre Gefängnis liegt und daß genügend Elemente zur Beurteilung des Täters vorliegen. Dorothea Hahn
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