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■ Im Konflikt am Horn von Afrika scheint eine weitere Eskalation unausweichlichÄthiopien wird nicht nachgeben

Im Konflikt am Horn von Afrika scheint eine weitere Eskalation unausweichlich

Äthiopien wird nicht nachgeben

Die patriotischen Gefühle in Äthiopien fliegen hoch. Der staatliche Radio- und Fernsehsender und die Regierungspresse berichten jeden Tag von Betrieben, die Geld für die Armee und die 143.000 aus den Kampfgebieten Vertriebenen spenden, und von Arbeitnehmern, die dafür auf einen Teil ihrer Bezüge verzichten. Auch die oft unterdrückte unabhängige Presse steht hinter der Regierung. Tausende junger Männer und Armeeveteranen, so berichten sie, hätten sich freiwillig gemeldet und würden nun schnell militärisch ausgebildet.

Die Berichte über Rekrutierungen beziehen sich vor allem auf die nordäthiopische Provinz Tigray, Hochburg der Regierung an der umstrittenen Grenze zu Eritrea. Aber der propagandistische Druck, in so einem entscheidenden Moment nicht zurückzustehen, gibt trotzdem ein authentisches Bild der Stimmung in der gesamten äthiopischen Bevölkerung wieder. Die radikale amharische Oppositionspresse wirft Ministerpräsident Meles Zenawi sogar eine zu weiche Haltung gegenüber Eritrea vor, wobei sie es bisweilen an Hinweisen auf Zenawis eritreische Mutter nicht fehlen läßt. Die Amharen, traditionelles Herrschaftsvolk Äthiopiens, stehen seit der Vertreibung Mengistu Haile Mariams 1991 und der Machtergreifung der Tigray-Guerilla unter Meles Zenawi mehrheitlich in Opposition zur Regierung Zenawis.

Ein Zurückweichen Äthiopiens scheint unter diesen Umständen kaum mehr möglich. Der Zeitpunkt für einen Militärschlag gegen Eritrea wird nun offenbar von zwei Faktoren bestimmt. Wie aus den Äußerungen der äthiopischen Führung hervorgeht, glaubt man sich darauf verlassen zu können, im Falle eines Krieges mehr Ressourcen als Eritrea zur Verfügung zu haben, und wartet die vollständige Mobilisierung ab. Mit der Entscheidung der Organisation für Afrikanische Einheit im Rücken, eine von Ruanda und den USA vorgelegte Friedensinitiative zur Verhandlungsgrundlage zu machen, geht man zum anderen davon aus, die internationale Meinung auf die eigene Seite ziehen zu können. Die Friedensinitiative sieht den Rückzug der eritreischen Streitkräfte aus den umstrittenen Gebieten vor und wurde Ende letzter Woche von Eritrea abgelehnt.

In einer Pressemitteilung forderte das äthiopische Außenministerium jetzt die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Eritrea auszuüben. Die Bombenangriffe auf zivile Ziele in Mekele und Adigrat verstießen gegen die Genfer Konvention. Entgegen internationalen Vereinbarungen und eines bilateralen Abkommens halte Eritrea außerdem äthiopische Importgüter in den Häfen von Massawa und Assab zurück.

Der äthiopische Finanzminister reiste außerdem am vergangenen Wochenende in die als Geber und Handelspartner wichtigen Golfstaaten und versuchte Unterstützung für die äthiopische Position zu bekommen. Peter Böhm, Addis Abeba

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