Gesucht: Lesbe, garantiert ohne Katzenhaarallergie

■ Die Lesben-WG boomt: Warum Frauen lieber mit Frauen zusammenwohnen

Kollege D. war mit seinem Latein am Ende. Frisch aus Berlin importiert, war er kurzfristig bei der Mitwohnzentrale untergekommen. Morgens blätterte er verzweifelt die taz durch. Sein Stoßseufzer kam vom Herzen. „Wenn ich eine Lesbe wäre, oder wenigstens eine Frau, hätte ich schon längst eine Wohnung gefunden. Männer haben es schwer.“

Tatsächlich ist der Anteil an Wohnungsangeboten von Frauen für Frauen, zumindest in der Bremer taz, überdurchschnittlich hoch. „LesbenLand-Hausgemeinschaft mit Hündin und Katzen sucht vierte Mitbewohnerin.“ „Lesbe sucht Mitbewohnerin, ohne Tierallergie.“ „Nette Lesbe sucht nette Lesbe.“ „Lesben Hausgemeinschaft in Findorff sucht Lesbe für abgeschlossene Zwei-Zimmer-Wohnung.“ Selbst die Wohngemeinschaft aus „einem Schwulen, einer konvertierten Hetera und einer Lesbe“ will mit einer Frau zusammenziehen – „Lesbe bevorzugt“.

„Wir haben lange diskutiert. Die Diskussion war heftig“, verrät der nette Mann am anderen Ende der Leitung. „Zwischen Schwulen und Lesben gibt es ja ziemliche kulturelle Differenzen. Das hat sich auch jetzt wieder gezeigt. Auf der Etage, auf der das Zimmer frei ist, wohnt eine Lesbe. Sie wollte als Nachbarin nur eine Lesbe. Die Hetera-Frau fühlte sich ausgegrenzt. Jetzt gibt es einen schwulen Kandidaten. Das wäre mir sehr lieb. Aber mal sehen, wie es ausgeht. Wir suchen jedenfalls weiter nach einer Frau.“

„Was für eine dumme Frage“, stöhnt eine andere Inserentin ins Telefon. „Ein Mann kommt für uns einfach nicht in Frage. Schlimm genug, daß man sich ,draußen' mit Männern rumschlagen muß, das brauch' ich nicht auch noch zu Hause.“ „Früher waren Frauen-Beziehungen beständiger“, schwärmt eine andere Frau. Daß es mittlerweile „eine ganz schöne Fluktuation unter den Frauen- und Lesben-WGs gibt“ ist auch ihr beim Durchblättern der Zeitung aufgefallen. Woran das liegt, weiß sie nicht. „Keine Ahnung, Frauen sind halt streitsüchtiger als Männer“, lacht sie.

Eine Aussage, bei der der nächsten Frauenwohngemeinschafterin fast der Hörer aus der Hand fällt. „So ein Quatsch“, entfährt es ihr spontan. „Frauen sind allenfalls flexibler und viel eher bereit, Konsequenzen zu ziehen, wenn ihnen etwas nicht paßt. Männer sind Stubenhocker und bleiben einfach auf der Stelle sitzen.“ Ein Leben mit Männern steht auch für sie nicht mehr zur Debatte. „Männer und Frauen verstehen sich nicht. Diese Debatte habe ich lange genug geführt. Da habe ich keinen Nerv' mehr drauf. Außerdem habe ich als Studentin die Erfahrung gemacht, daß an den Frauen die ganze Hausarbeit hängenbleibt und die Männer sich aufs Sofa setzen. „Ich will hier einfach keinen Mann mehr im Haus haben“, sagt auch eine andere Frau. „Ein Leben unter Frauen ist viel angenehmer. Männer kommen und stören nur.“

Kollege D. ist übrigens ein ganz, ganz Netter. Nach seinem zwölf-Stunden-Tag bei der taz bremen als Redakteur verzieht er sich stillschweigend in sein Kämmerlein und kommt höchstens noch einmal raus, um den Abwasch zu erledigen. Qualifiziert hat ihn das nicht – zumindest nicht für die Frauenwohngemeinschaften. Auch die Vermieter mochten ihn nicht so gerne. Inzwischen hat er eine Wohnung gefunden – seine Freundin hat den Mietvertrag unterschrieben.

Paula Ottfried