Die FDP erklärt sich – für die Union

Der Bundesparteitag der Liberalen knüpfte seine Koalitionsaussage aber daran, das Staatsbürgerschaftsrecht zu ändern. 90 Prozent der Delegierten votieren früher als erwartet für politische Ehe mit der Union  ■ Aus Leipzig Dieter Rulff

Die FDP hat sich bei ihrem Leipziger Parteitag klar für eine Koalition mit der Union ausgesprochen. Rund 90 Prozent der 662 Delegierten votierten dafür, das von hohen FDP-Funktionären in Zweifel gezogene Regierungsbündnis fortsetzen zu wollen. Die CSU reagierte prompt darauf. Die Liberalen könnten „keinen Dankespreis“ erwarten, sagte Bayerns Finanzminister Huber (CSU). Er erwarte, „daß die Meckereien der FDP ab sofort beendet sind“.

Der FDP-Bundesvorstand knüpfte die Fortführung der Koalition an fünf Kernziele: Parteichef Wolfgang Gerhardt forderte die Reform der Einkommenssteuer und der sozialen Sicherungssysteme, den Aufbau Ost, eine umfassende Bildungsreform und außenpolitische Verläßlichkeit. In den Mittelpunkt rückte die FDP aber das in der Koalition umstrittene Staatsangehörigkeitsrecht: Sie forderte, anders als die Union, „insbesondere bessere Integrationsangebote für hier geborene ausländische Kinder durch ein modernes Staatsbürgerrecht“.

Ursprünglich war vorgesehen, eine Koalitionsaussage erst auf dem Parteitag im August zu treffen. Doch hatte sich Gerhardt entschlossen, den Termin vorzuziehen, nachdem in der Partei Stimmen laut geworden waren, die auf eine größere Distanz zur Union gingen. Eingeleitet hatte diese Richtungsdiskussion der Generalsekretär Guido Westerwelle. Er hatte sich in den letzten Wochen für einen Beginn der Nach-Kohl-Ära unter der Führung des Fraktionsvorsitzenden der Union, Wolfgang Schäuble, ausgesprochen und damit für Verärgerung beim Koalitionspartner gesorgt. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Jürgen Möllemann erwog sogar die Möglichkeit einer sozialliberalen Koalition. Der Vizepräsident des Bundestages, Burkhard Hirsch, betonte kurz vor dem Parteitag, daß eine Koalitionsaussage an „klare Bedingungen“ zu knüpfen sei. Damit solle verdeutlicht werden, daß es nicht um Personen, sondern um Inhalte gehe.

Auf dem Parteitag äußerte Westerwelle nun die Befürchtung, daß es „zu rattenschwanzartigen Diskussionen“ komme, wenn die nötige Klarstellung nicht erfolge. Um diese zu vermeiden, hatte der Bundesvorstand beschlossen, die Abstimmung an den Beginn des Parteitages noch vor die Beratungen über das Wahlprogramm zu stellen. Das Ansinnen Westerwelles, die Koalitionsaussage ohne förmliche Abstimmung per Akklamation zu treffen, wurde verworfen.

Während der Plenumsberatung bat die hessische Landesvorsitzende Ruth Wagner, „das Koalitionsgerede dringend zu beenden“. Sie sprach sich sogar dafür aus, die Aussage zugunsten der Union an keine Bedingungen zu knüpfen, damit sich die FDP nicht selbst fessele. Die entgegengesetzte Position wurde vom Vorsitzenden der Jungen Liberalen, Michael Kauch, eingenommen, der zusammen mit 55 Delegierten einen Ergänzungsantrag einbrachte, der Gerhardts fünf Kernziele klarer definierte. Danach sollte die FDP „keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der es ihr verwehrt, im Deutschen Bundestag für die von ihr angestrebte Reform des Staatsbürgerrechts zu stimmen“. Der Antrag des Bundesvorstandes wurde ohne diese Präzisierung angenommen.

Heute will die Partei ihr Wahlprogramm beraten. Kommentar Seite 12