■ Nachschlag
: „Bullets over Broadway“ im Theater am Kurfürstendamm

Woody Allens „Kugeln überm Broadway“ im Theater am Kurfürstendamm, mit Szenestar Georgette Dee als exzentrische Diva Helen Sinclair – da keimten Hoffnungen, das Berliner Boulevardtheater könnte endlich auf der Höhe der Zeit angelangt sein. Und so mischte man sich am Freitag wohlgelaunt unter die vielen gutgekleideten Menschen, die draußen auf dem Ku'damm noch die Champagnerbar frequentierten, darunter manches hoffnungsvolle Talent aus deutschen TV-Serien, deren Stars immer wieder auf der Bühne dieses Theaters stehen. Schon „Comedian Harmonists“, die letzte Inszenierung von Martin Woelffer, der seit 1993 das Theater leitet und auch diesmal Regie führte, war ein großer Erfolg und schwamm auf der Welle des Komödienbooms im deutschen Kino. Dessen Besucherströme sollten einmal mehr ins Theater umgeleitet werden.

Die Geschichte hat ja durchaus Modellcharakter für die in Finanznot geratene Berliner Theaterlandschaft: Ein Mafiaboß finanziert eine Theaterproduktion, mit der Auflage, daß seine Freundin darin eine Hauptrolle spielt. So macht das nämlich Nick Valenti in Woody Allens Film „Bullets over Broadway“, von Jürgen Fischer nun für das Theater bearbeitet. Und so trifft Gangster- auf Künstlermilieu – mit dem Ergebnis, daß Gangster Cheech sich als der wahre Künstler entpuppt, der auch vor Mord nicht zurückschreckt, um dem Kunstwerk zu seinem Recht zu verhelfen. Erst schreibt er das laue Stück von David Shane um, dann knallt er Mafiabraut Olive ab, weil die eine schreckliche Schauspielerin und anders aus dem Stück nicht zu entfernen ist. So kommen die Kugeln über den Broadway.

Am Ku'damm hält man sich eng ans Vorbild, nur daß alles ein bißchen schriller und platter ist. Georgette Dee – in tollen Art-deco-Roben (Kostüme: Polly Matthies) – als alternde Diva haucht und giftet, gurrt und deklamiert. Ansonsten gilt: Slapstick statt Sophistication. Die Mafiosi tragen Nadelstreifen und Kanonen. Der bullige Boß (Gerhard Haase-Hindenberg) sagt „Pronto“, wenn er ans Telefon geht. Die Bühne von Thomas Pekny zitiert Gangsterfilm und den Chic der „Roaring Twenties“. Das Publikum jubelte am Ende besonders Ute Willing zu, die als nervtötende Mafiabraut und personifizierter Blondinenwitz durch den Abend stakste. Bodyguard Cheech (Romanus Fuhrmann) legt sie am Ende um, er hätte an diesem Abend leicht noch andere Opfer finden können. Aber die Leute waren begeistert und Cheech von Valentis Männern zur Strecke gebracht. So wurden weitere Tote vermieden. Esther Slevogt