Herausforderung Hirsch

Zwei Künstler planen eine Ausstellung schlechter Kunst: Hamburger Sammelstelle für Scheußlichkeiten eingerichtet  ■ Von Christiane Hellwege

Alle Welt spricht über wohlgeformte Skulpturen, wilde Installationen und die schönsten Gemälde. Doch diese Wunderwerke sind nach Ansicht von Peter Gersina und Florian Borkenhagen nur die Spitze eines Kunstmarktes, der unendlich viel Mißlungenes in sich birgt. Die beiden Münchner Künstler wollen der schlechten Kunst aus ihrem Schattendasein heraushelfen. Sie haben in Hamburg und München Sammelstellen eingerichtet für Werke wie einen Penis aus rosa Plüsch, einen Teppich mit Konterfeis von John F. Kennedy und Muhammed Ali und andere Scheußlichkeiten.

Aus den Stücken wollen sie die „Erste internationale Ausstellung für schlechte Kunst“ zusammenstellen, die – so hoffen sie – einmal durch die Museen wandern wird. Gut 60 Stücke sind bisher eingegangen. Je quälender das Exponat fürs Auge ist, desto besser: Dem Stifter des häßlichsten Kunstwerks winkt der mit 10 000 Mark dotierte Preis des „Goldenen Hirschen“, der am 23. Juli in München bei einer Gala geschmackloser Showeinlagen verliehen wird.

Aber was ist schlechte Kunst? Der röhrende Hirsch? Ein Gameboy und ein Wasserhahn auf eine Stahlplatte geschweißt zu den Worten „Do it Mario“? Kann auch abstrakte Kunst schlecht sein oder versteht sie der unbedarfte Betrachter einfach nicht? „Die Ausstellung soll den Menschen die Fähigkeit zurückgeben, etwas einfach mies zu finden“, sagt Gersina. Denn: „Selbst ein Genie hat Ausschuß.“ Und sie soll die von kopflastiger Gegenwartskunst geplagten Museengänger inspirieren, so der 35jährige Künstler: „Schlechte Kunst ist fast eine größere Herausforderung als gute Kunst.“

Die Sammlung schlechter Kunst ist Teil der Aktion „First Aid for Bad Art“ (Erste Hilfe für schlechte Kunst), die Gersina und Borkenhagen vor zwei Jahren gestartet haben. „Echte Psychologen, Psychiater, Ärzte und Kunsthistoriker“ behandeln kostenlos die frustrierten Besucher von Kunstmessen und Ausstellungen mit Hühneraugenpflastern und Gesprächstherapie. Als Fernziel träumt Gersina von einem interdisziplinären Museum, voll mit der Häßlichkeit dieser Welt: Mißtönende Musik, öde Theaterstücke und der geballte Horror der Erlebnisgastronomie sollen Künstler und Besucher zu Gesprächen anregen: „Das ist das Gegenteil des toten, maroden Museums.“

Infos im Hamburger West Art Office unter % 040/39 39 22.