Mehr Arbeit für weniger Geld

Gynäkologen protestieren mit Aktionswoche gegen Einkommenseinbußen  ■ Von Lisa Schönemann

Hamburgs FrauenärztInnen ist der Geduldsfaden gerissen. 90 Prozent von ihnen würden wegen kontinuierlich sinkender Einnahmen auch streiken. „Bevor es zum Äußersten kommt, haben wir uns zu einer Aktionswoche entschlossen“, verkündete gestern Thomas Gent, Vorsitzender des Berufsverbandes der GynäkologInnen. Seit gestern liegen in den Praxen nun Listen aus, auf denen Patientinnen per Unterschrift ihren Unmut dokumentieren können.

Außerdem wollen die ÄrztInnen in dieser Woche darüber informieren, daß ihre herben Einkommenseinbußen nur die eine Seite der Medaille sind. Denn wenn etwa Krebsvorsorgeuntersuchungen nicht mehr bezahlt und demzufolge weniger angeboten werden, können „Einsparungen bei den Früherkennungsmaßnahmen das Leben der Frauen gefährden“, teilt der Berufsverband in einer Erklärung mit. Denn dann wird der Knoten in der Brust oder der Tumor am Gebärmutterhals erst spät entdeckt. Statistisch gesehen erkrankt etwa jede neunte Frau an Brustkrebs.

„In Hessen sind die Krebsvorsorgeuntersuchungen um 14 Prozent zurückgegangen. Das wollen wir in Hamburg nicht erleben, besonders, da die Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses stark zugenommen haben“, erklärt Gent. Der Verband fordert daher die Kassen auf, die Krebsvorsorge und auch die Schwangerenbetreuung aus der Budgetierung herauszunehmen. Die Einkommensverluste der MedizinerInnen nach der Einführung der per Gesundheitsreform vorgesehenen Praxisbudgets sind nicht ohne: Die 210 gynäkologischen Praxen der Hansestadt mit 285 ÄrztInnen müssen pro Quartal mit rund 1,7 Millionen Mark weniger auskommen als zuvor. Pro Praxis belaufen sich die fehlenden Beträge auf etwa 8.400 Mark.

Die AOK gibt für dieselbe Behandlung heute etwa 41 Prozent weniger aus als noch 1991, die Ersatzkassen 33 Prozent weniger.

Pro Patientin stehen im Quartal also etwa 63 Mark zur Verfügung. „Wenn ich die Frau bereits einmal behandelt habe, und sie dann zur Krebsvorsorge in meine Praxis kommt, zahle ich die Untersuchung aus eigener Tasche“, rechnet Thomas Gent vor. Dabei sind GynäkologInnen oft auch AnsprechpartnerInnen, wenn es um Verhütung, Sexualität und Partnerschaftskonflikte geht. Abrechnen dürfen sie für solche Beratungen pro Quartal und Patientin 2,80 Mark. „Die Vergütung der sprechenden Medizin ist nahezu erbärmlich“, meint Peter Sannwald, ebenfalls im Vorstand des Berufsverbandes.

Der Verband fordert die Kassen nun auf, die Arzthonorare durch einen Teil der Mittel aufzustocken, die durch die Verlagerung von Operationen in den ambulanten Bereich eingespart werden konnten: Ein Eingriff bei einer Eileiterschwangerschaft, der 1990 noch mit einem zehntägigen Krankenhausaufenthalt verbunden war, wird heute ambulant in der Praxis vorgenommen – und aus Sicht der FrauenärztInnen miserabel bezahlt.