WM, CDU, ICE Von Thomas Gsella

Ein bißchen homosexuell oder wenigstens bi ist und empfindet, wenn meine Großeltern mich da richtig aufgeklärt haben, jeder, und ich halte mich an die Abmachung. Zwar nicht immer ganzjährig, aber im Sommer schon mehr als im Winter, wo man durch die vielen Mäntel eh nix sieht, und vor allem in jenen smooven Sommern, in denen die Fußball-WM ausgetragen wird und die schnellsten, muskulösesten und auch ansonsten coolsten Jünglinge und scharfen Feger der Welt zusammenkommen, um mit prima angespannten Sehnen und durchs süße Trikot regelrecht durchwachsenden Waschbrettbäuchen auf die Wiese zu laufen und allerlei Männchen und Wirbel zu machen. Das sieht gar nicht schlecht aus, finde ich, sondern interessant; und interessant zumal darum, weil der eigene „sogenannte“ Körper immer weniger Spuren von Kung Fu und allgemein motion aufweist und mit einer Wut zusammensackt und die Stringenz verliert, daß man da regelrecht bei zugucken muß. Schlabberschlabber, krummkrumm, da ist rein gar nix mehr wie bei Ronaldo oder Oli Kahn, und der Vogts hat eben recht, wenn er unsereins nicht angerufen und nach Frankreich mitgenommen hat. Aber schade ist es trotzdem. Na ja, vielleicht beim nächsten Mal! Noch eine zweite Bitte: Frauen, bitte auch WM gucken! Dann seht ihr nämlich, was an Männern alles dran sein kann, und ... und liebt uns schlappige Normalverbraucherottos von der „Straße“ eventuell viel mehr und fester, eventuell wie früher eben. Das wäre doch schön! Quatsch!

Mir ist das egal. Ich bin soweit verliebt – spazier' unter der vielzitierten Haube! Schade find' ich freilich ab und zu, daß ich nicht zum Teil so eine Frau wie meine Freundin bin, dann könnt' ich mich ja super selber lieben und beispielsweise Babies ganz alleine machen, aber nein, die „Differenz“ ist, wie der Soziologe heute sagt, meinem „Körper“ mythisch draufcodiert oder was, und also muß ich mich am „Riemen“ reißen, muß die sogenannten großen Themen im herrschaftlichen Männerauge speichern und zum Beispiel sagen (anprangern): Kohl! Oder: Castor! Und nicht zu vergessen: die Hooligans. Welch eine Armut des Fundus! Der Philosoph Simmel schrieb, im Gegensatz zu den welthingewandten Männern ruhten Frauen in sich drin, hätten den komplexen Lebensglobus quasi a priori intus; der verstorbene Dramatiker H. Müller spitzte zu, Männer seien überdreht und a priori mies gestimmt, weil sie Leben nicht gebären könnten, sondern höchstens Tod (Krieg), und bevor ich jetzt nicht weiterweiß, lasse ich die Leserschaft mit diesem Denkansporn allein und widme mich dem größten aktuellen Thema überhaupt: Kossowo (Molosivec). Na so was! Aufhören!

Jawohl, schlimm! Furchtloses Benennen ist das Siegel, ist das Gütezeichen des mental auf Mahnen gepolten Journalisten, der die Augen nicht verschließt und hinguckt, seine Stimme aufmacht und mit Wolfgang Borchert fordert: nein! „Stop“ dem Pulverfaß! Die CDU hat keine Visionen! Deutschland braucht eine Gründeroffensive! Japan muß die Korruption stoppen! Und das ICE-Unglück ist Ausdruck der modernen Zeit mit ihrer Hektik da – Stichwort Götze Geschwindigkeit! Erbaulich, was man alles als Reporter kritisieren kann, es ist ein geiler Traumberuf.