Das Portrait
: Kompromißlos bis zum Ende

■ Slavko Dokmanovic

Slavko Dokmanovic war stets ein Mann kompromißloser Entscheidungen. Bis zum Schluß. In der Nacht zu Montag erhängte sich der 58jährige, der unter dem Vorwurf von Massakern an Kroaten im Gefängnis des UN-Tribunals in Den Haag einsaß, in seiner Zelle.

„Entweder überleben die oder wir.“ Das war die Maxime, nach der Dokmanovic als Bürgermeister der ostslawonischen Stadt Vukovar handelte. Mit „die“ meinte der Serbe vor allem Kroaten, Ungarn, Slowaken und Donauschwaben, mit „wir“ sein eigenes Volk. Seinem fanatischen Wahn, ein großserbisches Reich zu errichten, fielen mindestens 200 Menschen zum Opfer. Daß Dokmanovic den Befehl zu dem Massaker von Vukovar gegeben hatte – davon waren die Richter des UNO-Tribunals überzeugt. Bei der Verhandlung verdichteten sich in den vergangenen Tagen Indizien, daß Dokmanovic persönlich den Befehl an serbische Freischärler gegeben hatte, bei der Einnahme des mehrheitlich kroatischen Vukovar „keine Gefangenen zu machen“.

Der ehemalige Landwirt aus der kroatischen Gemeinde Trpinje wechselte erst beim Zusammenbruch des jugoslawischen Vielvölkerstaates im Mai 1990 aktiv in die Politik. Damals besann sich Dokmanovic auf seine serbische Herkunft und schloß sich jenem Kreis um den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic an, der in Vertreibung und Mord eine Möglichkeit sah, „den historischen Siedlungsraum des serbischen Volkes zu vereinen“.

Vor allem seine Entschiedenheit machte Dokmanovic populär. Schnell stieg er vom Gemeinderatsmitglied zum Parteifunktonär der extremistischen Serbischen Demokratischen Partei auf. Am 18. August 1991 ernannte ihn die Partei in der „befreiten Zone von Erdut“ zum künftigen Bürgermeister „eines freien Vukovar“. Zwei Monate später, am 18. November, eroberten serbische Truppen die Stadt an der Donau. Dokmanovic übernahm das „Kommando zur serbischen Erneuerung“. 1995 erließ das UNO-Tribunal Haftbefehl gegen Dokmanovic, im Juli vergangenen Jahres nahm eine paramilitärische Einsatztruppe der UNO den mutmaßlichen Kriegsverbrecher fest. Vor dem Tribunal beteuerte der Angeklagte seitdem seine Unschuld: „Ich habe nie einem Kroaten Leid zugefügt, das waren andere.“ Karl Gersuny