Japans Steuerzahler finanzieren Bankenfusion

■ Staat übernimmt die faulen Kredite der LTC-Bank nach deren Fusion mit Sumitomo Trust

Tokio (taz) – Die Fusionsgespräche zwischen der Long Term Credit Bank (LTCB) und der Sumitomo Trust sind am Freitag noch als eine neue Methode zur Stabilisierung des japanischen Finanzsektors hochgejubelt worden. Am Montag ist die Euphorie in neuen Pessimismus umgeschlagen: Beide Banken leiden unter identischen Problemen mit faulen Krediten. Nur wenn die Regierung mit einer Milliarde das Fusionsprojekt subventioniert und die beiden Banken in großem Umfang Mitarbeiter entlassen und Zweigstellen schließen dürfen, hat die neue Bank eine Überlebenschance.

So sollte es nicht überraschen, wenn die Fusionsgespräche zwischen der LTCB und Sumitomo Trust Bank platzen. Zuviel stimmt nicht in diesem Deal, der wegen der Not am japanischen Finanzplatz am Freitag bekanntgegeben wurde. Da sind die faulen Kredite, die beide Banken seit acht Jahren mit sich herumschleppen und die wegen der Rezession und der Baisse an der Tokioter Börse täglich wachsen. Dabei ist die Sumitomo Trust als zweitgrößte japanische Treuhandbank gesünder als die konkursreife LTCB. Gemessen an internationalen Standards gehört aber auch Sumitomo in die zweite Liga. So fuhr die Sumitomo Trust im Stammhaus einen Rekordverlust von 93,47 Milliarden Yen (1,28 Mrd. Mark) ein. Zwar haben die Einnahmen im gleichen Jahr auf 992,4 Milliarden Yen zugenommen und die Bank konnte einen Gewinn von 131,4 Milliarden Yen ausweisen. Die Stärke von Sumitomo Trust liegt aber allein darin, daß sie ein Unternehmen der riesigen Sumitomo-Gruppe ist und damit über Querbeteiligungen abgesichert ist.

Diese veraltete Keiretsu-Struktur wird kaum genügen, um den Forderungen des internationalen Finanzmarktes zu genügen. Sogar der Sumitomo-Trust-Boß Atsushi Takahashi mußte zugeben, daß die beiden Finanzinstitute aus eigenen Kräften nicht fusionieren könnten. Er ist lediglich an den rund 500.000 wohlhabenden Privatkunden von LTCB interessiert und will von den faulen Krediten der Bank keinen Pfennig übernehmen. Die sollen in eine von der Regierung angekündigte Überbrückungsbank abgeschoben werden. Mit dieser neuen staatlichen Institution will die Regierung von Premier Hashimoto das Problem der faulen Kredite angehen.

Noch getraut sich in Tokio niemand laut zu sagen, was diese Überbrückungsbank den Staat kosten wird. Unter Marktbeobachtern gilt es als gesichert, daß der japanische Finanzsektor unter der Last von rund 100 Billionen Yen (1.350 Mrd. Mark) faulen Krediten ächzt. Mindestens die Hälfte dieser Schulden werden von den Steuerzahlern übernommen werden müssen. Ärgerlich für Japans Steuerzahler und ausländische Investoren ist dabei, daß der japanische Finanzsektor trotz Versprechen der Regierung und Kontrollbehörden noch nicht transparent ist. Bis heute müssen Banken keine unabhängigen Buchprüfer zulassen, die das Ausmaß der faulen Kredite bestimmen könnten. Zwar hat eine neue Kontrollbehörde für den Finanzsektor gerade die Arbeit aufgenommen. Aber die nur 400 Prüfer sollen mehr als 1.500 Finanzinstitute überwachen. Leichen werden da kaum aus den Kellern der Banken geholt.

Finanzanalysten gehen zudem davon aus, daß die LTCB wegen der Baisse von Tokio zu all der Kreditmalaise auch noch rund 200 Milliarden Yen (2,7 Mrd. Mark) versteckte Verluste eingefahren hat, die bisher nirgends deklariert sind. André Kunz