Welle der Hilfbereitschaft gegen die brutale Gewalt

■ Medien und Sponsoren der Fußball-WM sammeln Geld für den verletzten Polizisten

Bremen (taz)– Der von deutschen Hooligans zusammengeschlagene französische Polizist hat das gesamte Land bewegt: Seitdem der 44jährige Familienvater aus Lens im Koma liegt, schwappe eine „Welle der Hilfsbereitschaft“ über das Land, teilte die ARD mit. Die Sendeanstalten ARD und ZDF starteten große Spendenaktionen. Doch das kollektive Spendenfieber greift auch bei regionalen Tageszeitungen und Privatpersonen um sich.

ARD und ZDF wollen allerdings erst in ein paar Tagen einen Kassensturz machen. Der Unternehmer Aurel Münch verkündet aber schon mal stolz: „Ich habe bereits 8.000 Mark zusammen.“ Der Münchener Geschäftsführer einer Firma für Bürobedarf hatte sich ebenfalls zur spontanen Hilfe entschlossen, „um zu zeigen, daß nicht alle Deutschen so sind und die Gewalttat verurteilen“.

Ähnlich schnell reagierte die Bild-Zeitung: Sie richtete ein Spendenkonto ein, berichtet Bild- Chefredakteur Udo Röbel aus Hamburg – als Reaktion auf die hilflosen LeserInnen, „die einfach etwas tun wollten. Der Anstoß zu spenden kam schneller als bei der Oder-Katastrophe.“ Diesen Eindruck hatte auch die ARD, wo zahlreiche Faxe und E-Mails eintrafen.

WDR-Intendant Fritz Pleitgen richtete prompt „treuhänderisch“ ein Konto unter dem Motto „Gewalt ins Abseits“ ein: Die „spontane Hilfsbereitschaft der Zuschauer zeigt, daß diese schändlichen Gewalttäter gesellschaftlich im Abseits stehen“, erklärte Pleitgen. Die „menschlichen Folgen der Tat“ könne man zwar mit „Geld nicht wieder gut machen“. Die Hilfe könne aber „manche Schwierigkeiten überwinden helfen“. Wie viele tatsächlich halfen, verrät die ARD erst Mitte der Woche: „Wir wollen bei diesem Thema kein Wettrennen veranstalten“, heißt es. Und auch das ZDF, das derzeit mit dem Deutschen Fußball-Bund sammelt, will in einigen Tagen Kassensturz machen.

Neben diesen Spendenaktionen geben sich die anderen Sammler ähnlich pragmatisch: Mit dem Geld wolle man der Familie helfen, heißt es bei der bundesweiten Aktion „Polizei gegen Gewalt“ der Gewerkschaft der Polizei. Sie brachten in Berlin gemeinsam mit dem Grünen Stern, einer Hilfsorganisation von Polizisten für Gewaltopfer und Tageszeitungen, rund 25.000 Mark zusammen. Immerhin auf 16.000 Mark kam der Hauptsponsor der Fußball-WM, Fuji Film Deutschland. Der Vertriebsleiter der Firma, Franz Wagner, hatte im Deutschen Sportfernsehen kurzerhand WM-Karten versteigert – „weil wir als Hauptsponsor ja auch ein Stück Verantwortung tragen“ – und weil man betroffen sei, daß die Hooligans mit „ihrer menschenverachtenden Brutalität“ das „freudige Fest der Völkerverständigung“ zerstört hätten. Die verantwortungsvollen Spender und Spenderinnen wollen sich jetzt auch persönlich auf den Weg nach Frankreich machen und die finanziellen Solidaritätsgrüße direkt der Familie des Polizisten überreichen. Das will auch Unternehmer Münch: „Mir ist egal, wieviele Tausender zusammenkommen. Man braucht bekanntlich viel Geld, um einen Schwerstbehinderten zu pflegen.“

Katja Ubben