Querspalte

■ In die Möse mit Getöse

Wissen Sie eigentlich, was ein „Mösenmobil“ ist? Nein? Dieses großartige Gefährt fuhr beim Christopher Street Day in Berlin im Lesbenblock des Umzuges mit. Knallrot, fünf Meter hoch, „eine Riesenmöse, sonst nichts“, wie diese flinke Zeitung gestern schrieb. Auch die Reporterin vom dritten Programm fand das Mösenmobil irgendwie voll in Ordnung, und deshalb sagte sie, von der tabusprengenden Alliteration berauscht, 66mal hintereinander Mösenmobil, Mösenmobil, was an sich schon ziemlich lustig war. Als dann noch zwei Frauen aus der Riesenmöse heraustraten, sagte die Reporterin: „Hier haben wir zwei Mösen“ und fragte nach, was so eine Möse eigentlich für ein prima Dingens sei. Das gefiel den Frauen, und eine erzählte, daß „die Möse das Zentrum der Frau“ sei. Wir wiederholen ungekürzt: „Die Möse ist das Zentrum der Frau!“

Diesen Satz finden wir nun wiederum schwer emanzipativ, weil er endlich aufräumt mit der Männerdiskriminierung. Bisher mußten wir nämlich immer wieder beobachten, daß sogenannte üble Machoschweine, die solch einen Satz aussprachen, sofort aus dem Fenster gestürzt und, sobald sie unten angekommen waren, vom weiblichen Kampfgeschwadern mit dem Hackebeil vermetzelt wurden. Solch unschöne Szenen wird es künftig also nicht mehr geben. Bravo!

Bliebe am Ende noch die Frage zu klären, ob denn, unterleibsanalog und geschlechterübergreifend, nun auch der Schwanz das Zentrum des Mannes sei. Von Bill Clinton einmal abgesehen, würde unsereiner dem zwar widersprechen wollen und Kopf und Verstand eine gewisse Restkompetenz einräumen. Gleichwohl soll hier kein Streit angezettelt werden. Die deutschen Romantiker hatten übrigens das Herz als Zentrum des Menschen ausgemacht. Offenbar haben auch sie sich in der Etage geirrt. Manfred Kriener