Justiz und Inneres trennen

■ Die einzigen deutschen Regierungslehrer finden Fusion von Innen- und Justizministerium "heikel". NRW-Grüne: notfalls auseinandernehmen

Berlin (taz) – Zwei führende Staatswissenschaftler in der Bundesrepublik haben das Zusammenführen der Ministerien für Justiz und Inneres in Nordrhein- Westfalen gerügt. Es sei „heikel“ und „ungeschickt“, die für die Demokratie so wichtige Gewaltentrennung von Exekutive und Judikative „in der Person eines Ministers“ aufzuheben, sagten Jens-Joachim Hesse und Klaus König gegenüber der taz. Sie haben die deutschlandweit einzigen Lehrstühle für „Regierungslehre“ inne.

Der an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer lehrende König hält es „für nicht ausreichend“, Rechtspflege und Innere Sicherheit „hausintern“ zu trennen. Mit einer solchen innerministeriellen Arbeitsteilung hatte Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) Bedenken gegen seinen Regierungszuschnitt auszuräumen versucht. Der gemeinsame Organisationsplan für Inneres und Justiz konnte auf Nachfrage allerdings noch nicht vorgelegt werden.

Der neue Regierungschef Clement hatte die bisher 12 Ministerien in Nordrhein-Westfalen auf 8 zusammengeschrumpft. Für die dabei vorgenommene Verschmelzung von Inneres und Justiz hatten ihn Gerichtspräsidenten und Justizminister heftig kritisiert. Die rechtssprechende Gewalt sei historisch und im internationalen Vergleich stets unabhängig organisiert, sagte auch Regierungslehrer König. Er verwies auf den „Generalanwalt“ in den USA. Selbst in Zeiten kleiner Kabinette mit fünf Ressorts habe es stets eigenständige Justizminister gegeben.

König sprach von einer notwendigen Spannungslage zwischen dem „Rechtspflegeminister“ und dem für Innere Sicherheit. Mit Blick auf die geforderten Schnellurteile für Fußball-Hooligans sagte er, daß Polizeiminister forderten, „die präventiv wegzusperren“ – während die Justiz „auf den Rechtsschutz“ für die Beschuldigten achten müsse.

Auch Königs Berliner Kollege Jens-Joachim Hesse meinte, das fusionierte Innen- und Justizministerium müsse „im Vollzug kritisch beobachtet werden“. Hesse, der das Europäische Zentrum für Staatswissenschaften in Berlin leitet, begrüßte prinzipiell Clements „erste erfolgreiche ministerielle Verwaltunsgreform“ in Deutschland: „Die Aufgabenbewältigung rechtfertigt keine Landesministerien für Justiz mehr.“

Die anhaltende Diskussion um die Fusion von Inneres und Justiz hat indes die grünen Bündnispartner Clements skeptisch werden lassen. Ihr Fraktionssprecher im Landtag, Roland Appel, forderte die Kontrolle der Polizei durch einen Ombudsmann und eine von der Politik unabhängige Wahl der Richter. „Wenn sich die Zusammenlegung nicht bewährt, muß das Ministerium wieder auseinandergenommen werden.“ Clement setzt hingegen darauf, daß sich der Widerstand legt. Er lud die Kritiker seines Modells zu einem Gespräch mit dem Superminister Fritz Behrens – nach den Sommerferien. Christian Füller/David Schraven