Sind Sie beschäftigt?
: „Mit 50 Jahren ist man doch nicht zu alt“

■ Die 49jährige Steuerfachgehilfin Christine E. kriegt „Krämpfe“, wenn sie hört, daß sie für den Arbeitsmarkt zu alt sein soll. Sie hofft auf einen Nebenjob über Freunde und Bekannte

In Berlin gibt es 290.000 Arbeitslose, nur vierzig Prozent leben von Erwerbsarbeit. Doch auch wer keine Arbeitgeber hat, ist nicht ohne Arbeit. Die taz fragt deshalb: „Sind Sie beschäftigt?“

Die 49jährige Christine E.: Ich bin seit zwei Monaten ohne Arbeit. Wegen meines Alters. Ich bin Steuerfachgehilfin, da findet man nur sehr schwer was. Wenn man sich auf eine Annonce meldet, fragen die natürlich nach dem Alter. Wenn man sagt, wie alt man ist, hört man dann immer, daß sie sich noch mal melden. Man wird nicht mal eingeladen zu einem Gespräch. Ich denke mal, das wäre anders, wenn ich sagen würde, ich wäre 39 oder vielleicht auch noch 44 Jahre. Vorher habe

ich über drei Jahre selbständig im Ostteil der Stadt gearbeitet. Da bin ich sehr auf die Nase gefallen. Dann war ich im Krankenhaus, und jetzt melde ich mich beim Arbeitsamt, um mich registrieren zu lassen, damit die wissen, daß ich zur Verfügung stehe.

Ich glaube aber nicht, daß ich noch mal was kriege in meinem Beruf. Ich versuche, einen Nebenjob zu finden. Ich bin da sehr flexibel und offen. Man muß ja sehen, wo man bleibt. Ich bin nicht der Typ, der zu Hause sitzt und den ganzen Tag putzt. Ich setze auf den Bekannten- und Freundeskreis. Vielleicht in einem Büro ein paar Stunden zum Aufräumen oder Telefondienst.

Es ist eine Tatsache, daß man generell zu alt ist. Aber wo ist man denn zu alt heutzutage? Mit 50 Jahren ist doch noch keiner alt, wenn er nicht ernsthaft krank ist. Sicher, man kann vielleicht etwas anfälliger werden. Aber bei dieser Arbeitsmarktsituation bleibt heutzutage doch nicht mehr jeder zu Hause wegen einer Grippe wie noch vor zehn Jahren. Ich kriege immer Krämpfe, wenn ich das höre, ab dem und dem Alter ist man zu alt, ohne daß man sich die Leute wenigstens anschaut. Sicher könnte ich sagen, ich bin 45. Aber es bringt ja nichts. Spätestens wenn ich die Lohnsteuerkarte vorlege, fliegt das auf. Und eine Lüge wäre ein schlechter Einstieg. Barbara Bollwahn

wird fortgesetzt