Irakische Nadelstiche gegen USA

■ Seit der Einrichtung der Flugverbotszonen ist es schon mehrfach zu militärischen Auseinandersetzungen gekommen. Eine ernsthafte Krise ist daraus jedoch nie erfolgt

Berlin (taz) – Der gestrige US- Angriff auf einen irakischen Raketenstützpunkt erfolgt zu einem Zeitpunkt nachlassender Spannungen zwischen Saddam Hussein, der US-Administration und den Waffeninspektoren der UNO. Eine neue Krise wie die letzte um die Fortsetzung der UN-Inspektoren im Februar, die durch eine Vermittlung von UN-Generalsekretär Kofi Annan beigelegt wurde, dürfte jetzt allerdings nicht bevorstehen.

Der gestrige Zwischenfall ereignete sich in der Flugverbotszone im Südirak, die, wie auch jene im Norden, nach dem Krieg gegen den Irak 1991 zum Schutz der schiitischen und kurdischen Bevölkerung eingerichtet worden war. Seit der Einrichtung der Flugverbotszonen ist es wiederholt zu irakischen Nadelstichen und militärischen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen teilweise bis zu hundert amerikanische, französische und britische Flugzeuge eingesetzt wurden. Bei dem letzten Vorfall im September 1996 feuerten die US-Streitkräfte in einer Reaktion auf eine irakische Offensive in Kurdistan 44 Marschflugkörper auf irakische Radar- und Luftabwehrstellungen ab. Zu einer so schweren Krise wie im Februar, bei der die USA ihre in der Region stationierten Soldaten auf 37.000 aufstockten, kam es in keinem dieser Fälle.

Denkbar ist, daß die USA nun die Reduzierung der Zahl ihrer Soldaten im Golf zunächst einmal aussetzen, um ein weiteres Signal in Richtung Bagdad zu entsenden. Nach einem von US-Verteidigungsminister William Cohen vorgestellten Plan soll die Zahl auf 17.000 bis 20.000 reduziert werden. Damit das Ganze nicht wie ein Rückzugsgefecht aussieht, erklärte Cohen, daß die USA im Falle einer neuen Krise innerhalb von 48 Stunden am Golf wieder voll präsent sein können.

Auf der Agenda der irakischen Regierung schließlich steht die Aufhebung der UNO-Sanktionen an oberster Stelle. International kann sie heute damit auf mehr Verständnis hoffen. Im Oktober muß der UN-Sicherheitsrat darüber entscheiden. Sollte dann ein Ende der Sanktionen abgelehnt werden, hätte Saddam Hussein allerdings durch eine neuerliche Eskalation wenig zu verlieren. Beate Seel