■ Gerade jetzt sehr nützlich: Die Fünf-Liter-Fäßchen-Kompetenz
: Zapfen wie die Brasilianer

Achim Röderer verdient seine Brötchen als Produktmanager von Hansa-Pils, einem Bier, das nicht nur in Punk-Kreisen sehr beliebt ist. „Weil es Kult“ ist, und noch dazu ein preiswerter. „Teurer muß der Spaß nicht sein!“ schwärmt Röderer, auch beim Heim-Zapfen (= „geselliger Kult“) nicht. Denn seit über 3 Jahren runden Fünf-Liter-Fäßchen die Hansa-Produktpalette ab. Fäßchen? „Eigentlich handelt es sich dabei um eine größere Dose ohne Kohlensäure, nur daß Wasser, äh, Bier rausläuft“, philosophiert der Dortmunder.

Auf über 30 Jahre „Pilskompetenz“ kann die Duisburger König- Brauerei zurückblicken. Auch ihre Fünf-Liter-Fäßchen-Kompetenz ist nicht von schlechten Eltern: Seit „überschlägig 12 bis 14 Jahren“ im Angebot, seien sie mittlerweile ein „relevantes Verkaufssegment“, berichtet Pressesprecherin Karin Sauer. Die anvisierte Zielgruppe wolle auch beim „Heimkonsum“ auf Gaststättenatmosphäre nicht verzichten und greife daher zum Fünf-, Zehn- oder sogar 20-Liter- Fäßchen. Geschmackliche Aspekte spielen dabei keine Rolle: „Der Geschmack ist genausogut wie bei Flaschen- oder Faßbier“, so Frau Sauer. Eine Meinung, die auch in Krombach geteilt wird: Einen „Geschmack wie bei 0,5-Liter- Dosen“ hat Klaus Süßmann von der ortsansässigen Brauerei festgestellt, weswegen der Griff zur Großdose nur eine „individuelle Entscheidung“ sein könne.

„Noch nie war es so leicht, Bier zu zapfen!“ freut sich hingegen Martin Schütte von der Warsteiner-Brauerei, dem Marktführer unter den Partyfäßchenanbietern. Denn seit die Sauerländer unlängst das erste Partyfaß mit integriertem Zapfhahn auf den Markt gebracht haben, kann wirklich jeder „zapfen wie die Weltmeister“. Zapfen wie die Brasilianer – wer will das nicht! Und so hat die Nachfrage die „Erwartungen bei weitem übertroffen. Steigerungsraten von über 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr!“ reibt Schütte sich die Hände.

Ein weiteres Marktsegment bedient die Diebels-Brauerei: Altbier aus dem Partyfäßchen! Seit Sommer auch im Doppelpack! Sowohl Kunde als auch Brauerei haben ein Interesse daran. Während für diesen „fünf Liter im Sommer gut“ seien, kann jene sich über die „Werbewirkung“ freuen, so Brauereivertreter Michael Tappeser. In die Großdosen wird übrigens „normales Altbier“ gefüllt, und so verwundert es nicht, daß man geschmackliche Unterschiede gegenüber Flaschenbier nicht feststellen könne. Tappeser: „Versuche haben das gezeigt!“

Aber wie steht es mit der Öko- Bilanz der Mega-Bier-Dosen? Verschämt werde ich auf den Grünen Punkt, die Kundenwünsche sowie den Convenience-Gedanken verwiesen. Und darauf, daß das „Umweltproblem bei Dosen ja eh die Frage“ (M. Tappeser) sei. So einfach macht man es sich in unseren Brauereien also!

Aber haben wenigstens die Umweltverbände eine dezidierte Meinung? Mitnichten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat eine „spezielle Position“ zu den Fünf-Liter-Dosen bisher „noch nicht“ entwickelt. Zwar übe man grundsätzlich Kritik an Dosen, aber am liebsten „auf der Basis abgesicherter Daten“. Robin Wood hat sich mit der Thematik bisher „noch nicht beschäftigt“, und auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) muß die Frage nach einer dezidierten Position „ad hoc“ verneinen. Greenpeace läßt mich zwei Minuten in einer Warteschleife hängen – bezeichnend!

Spontan ergreift der Convenience-Gedanke Besitz von mir; ich lege den Hörer auf. Denn es ist Sommer, das Goldene Zeitalter des Durstes. In der Gewißheit, eines der letzten Tabuthemen unserer Tage ans Licht gezerrt zu haben, öffne ich ein 0,33-Liter-Fäßchen Bier und leere es in einem Zug. Marcus Meier