■ Billiger Aktionismus: Hausarrest für deutsche Hooligans
: Schaut her, wir tun etwas!

„Kategorie C“ – eine neue Klassifizierung macht die Runde. Gemeint sind mit dem Kürzel „besonders gewalttätige“ Fußballfans. Drei- bis viertausend dieser Personen sind bundesweit polizeilich erfaßt, „hundertprozentig zum absolut harten Kern“ sollen sie gehören. Sie geistern auch als „Top-Rädelsführer“ mit einschlägigen Vorstrafen wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung durch die Medien. Dem Superlativ der Beschreibung folgt postwendend die ultimative Reaktion der Sicherheitsbehörden. Einigen „Kategorie C“-Fans wurden in den letzten Tagen blaue Briefe überreicht, mit denen diese de facto unter Hausarrest gestellt werden. Als Auflage wird verfügt: Fahre nicht nach Frankreich zur WM, selbst wenn du eine Stadionkarte hast! Bleibe daheim und verfolge die Spiele vor deiner Glotze! Meldeauflagen sollen den Ortswechsel der „Hools“ zur Meisterschaft verhindern.

Aktionismus ist wohl das treffendste Wort für diese Herangehensweise. Ausgelöst wurde die Überreaktion durch die Krawalle im französischen Lens, bei denen der Polizist Daniel Nivel von deutschen Hooligans so schwer verletzt wurde, daß er nach Schädel- und Hirnverletzungen auch heute noch im Koma liegt. Und durch die Angst, der Ruf Deutschlands könnte durch neue Krawalle weiteren Schaden erleiden. So brutal und erschreckend der Vorfall auch ist, mit den jetzt verfügten Auflagen lassen sich solche Attacken nicht verhindern, der geplante Trip nach Frankreich nicht unterbinden. Vor allem, wenn die Kategorisierung stimmen sollte und es sich bei den Angesprochenen um den „absolut harten Kern“ handelt, werden sie sich von einer angedrohten Ordnungsstrafe nicht abschrecken lassen. Signalisiert wird mit den Maßnahmen lediglich: „Schaut her, wir tun etwas!“ Doch Fachleute wissen, daß damit nichts gewonnenen ist. Die Krawalle der Hooligans sind nicht über Nacht vom WM-Himmel gefallen. Die verfügten Maßnahmen kurieren nicht einmal das Symptom, geschweige denn die Ursachen des Hooliganismus. Sie erinnern auffällig an eine Episode aus der untergegangenen DDR. Pünktlich zu jedem Jahrestag wurden Regimekritiker unter Hausarrest gestellt – genutzt hat es am Ende nichts. Wolfgang Gast