Angriff auf Gasgiganten

■ Rußlands Ministerpräsident Kirijenko will Gasprom-Konzern zu Steuermoral zwingen

Moskau (taz) – Der russische Ministerpräsident Sergej Kirijenko beabsichtigt, das Treuhandabkommen mit dem größten Gasproduzenten des Landes, Gasprom, aufzukündigen. Dessen Staatsanteile belaufen sich auf 35 Prozent, die bisher vom Unternehmenschef Rem Wjachirew treuhänderisch verwaltet wurden. Der sei grundsätzlich dazu bereit, sagte ein Konzernsprecher, wenn dadurch die Verpflichtungen Gasproms gegenüber dem Staatshaushalt erfüllt werden könnten.

Der Energiemonopolist schuldet dem Fiskus für den vergangenen Monat acht Millionen Mark. Wegen der Steuerrückstände soll Kirijenko auch die Beschlagnahme von Vermögenswerten angeordnet haben. Doch schon frühere Versuche von Regierungsvertretern, Gasprom durch Entflechtungen zu mehr Transparenz in seinem Finanzgebaren zu bewegen, scheiterten bislang kläglich.

Mit rund 370.000 Beschäftigten ist Gasprom das größte russische Unternehmen, das zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet und an die 40 Prozent des gesamten Steueraufkommens des Landes bestreitet. Im vergangenen Jahr machte Gasprom einen Umsatz von 46 Milliarden Mark, bei einem Profit von knapp 3 Milliarden Mark. Gasprom ist ein Staat im Staate, dessen Wünsche keine Regierung übersehen darf. Nicht zufällig war der im März entlassene Premier Viktor Tschernomyrdin vor seiner Regierungstätigkeit jahrelang Gasprom-Chef.

Das Unternehmen verkörpert für viele Russen auch nationale Stärke und Größe. Das erklärt, warum ausgerechnet die Kommunisten gegen eine Entflechtung zu Felde ziehen: „Gasprom und andere Energiemonopole zu dezentralisieren ist gleichbedeutend mit einer Teilung der Russischen Föderation, die ohnehin schon zerfällt“, kommentierte Kommunistenchef Gennadij Sjuganow Forderungen des IWF nach einer Dezentralisierung. khd