„Ich war sauer“

■ Filzaffäre: Guttempler-Hilfswerk fühlt sich von Sozialbehörde ausgebremst

Über eine Aussage des Vorsitzenden des Guttempler-Hilfswerks, Helmut Lehmann, freuten sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum SPD-Filz ganz besonders: „Im Spiel Frankreich-Italien stand es bis eben 0:0. Ich glaube, daß ein Zufallstor die Entscheidung bringen wird.“ Auch die weiteren Auskünfte des 68jährigen waren aufschlußreich. 35 Jahre, bis 1995, arbeitete er in der Sozialbehörde. Zu den alten Kollegen im Referat Drogen und Sucht pflegte er guten Kontakt. „Ich kenne im Drogenbereich alle.“

Mit seinen Ex-Kollegen hatte Lehmann auch über seine konzeptionellen Vorstellungen einer Einrichtung für verelendete Alkoholiker gesprochen. In der Fachwelt sei klar gewesen, daß eine solche Therapievorsorgeeinrichtung gebraucht wird. Die Guttempler bekamen tatsächlich zunächst den Zuschlag. Doch die Zusage wurde auf Intervention der Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) zurückgenommen. Später erhielt ihr Ehemann, Geschäftsführer der Alida-Schmidt-Stiftung, den 1,3-Millionen-Mark-Auftrag. Fischer-Menzel trat im März zurück.

Lehmann und sein Guttempler-Hilfswerk sind die Geschädigten der sogenannten „Ehegatten-Affäre“. Doch zunächst machte er gestern als Zeuge keine gute Figur vor dem Ausschuß. Teilweise erschien sein schütteres Erinnerungsvermögen den Abgeordneten wenig glaubwürdig. Andererseits konnte er seine engen Kontakte zur Behörde nicht leugnen.

Bereits vor Lehmann wurde die Geschäftsführerin des Hilfswerks, Anke Flügel, gehört. „Ich war enttäuscht und sauer“, beschrieb sie ihre Reaktion auf die überraschende Zurücknahme der Behördenzusage. „Ich wollte mich auch wehren.“ Doch ihr Vorgesetzter Lehmann sei dagegen gewesen, obwohl eine positive Verwaltungsentscheidung eigentlich doch nicht zurückgenommen werden könne. „Ich habe dann aber gelernt, daß das aus politischen Gründen doch geht.“ Im übrigen sei ihr der Standort Agethorst in Schleswig-Hol-stein optimal erschienen. „Aget-horst ist nicht weit von Hamburg, aber doch weit genug. Und es ist nicht mal eine Kneipe im Ort.“ Fischer-Menzel bestand jedoch darauf, daß diese neue Einrichtung in Hamburg angesiedelt werden müsse. Silke Mertins