Zoff fürs Volk im Hamburger Parlament

Mit einer dramatischen Geste hat die GAL-Fraktion am Donnerstag nach zweistündiger Debatte um „Mehr Demokratie“ die Parlamentssitzung unterbrochen. Im Hinterzimmer durfte SPD-Fraktionschef Holger Christier sich anraunzen lassen. „In drei Redebeiträgen von SPD-Abgeordneten hintereinander wurde so getan, als ob der Antrag der Sechser-Bande ein SPD-Antrag wäre“, so GAL-Fraktionschefin Antje Möller zur taz. „Das können wir nicht durchgehen lassen.“

Im Konflikt um den Volksentscheid zum Volksentscheid, in den Rote und Grüne sich verrannt haben, sollte zwar eine Debatte geführt, das Thema aber anschließend in den Verfassungsausschuß überwiesen werden. Dennoch redete SPD-Wortführer Jan Ehlers davon, daß drei Viertel des Parlaments seinen Vorschlag zur Volksgesetzgebung befürworte und dieser „nur von den Grünen ausgebremst wird“.

Immerhin war SPD-Fraktionsvize Walter Zuckerer zur Selbstkritik bereit. „Man muß einräumen, daß sich dieses Parlament nicht in angemessener Form damit auseinandergesetzt hat.“ 210.000 Stimmen kamen im März beim Volksbegehren für „Mehr Demokratie“ zusammen. Die SPD wolle mit ihrer Alternative keineswegs die Stimmen spalten.

SPD-Chef Christier hob aber hervor, daß Volksentscheide ohne Hürden sich gegen Minderheiten richten können. GALier Martin Schmidt: „Es gibt kein Indiz dafür, daß die Fremdenfeindlichkeit beim Volke stärker ist als bei gewählten Organen.“

SPD und CDU sind für die Beibehaltung höherer Hürden beim Volksentscheid, die GAL will dagegen eine deutliche Erleichterung der Bürgermitbestimmung. Dafür hatte „Mehr Demokratie“ im März dieses Jahres 210.000 Unterschriften gesammelt. Danach sollen einfache Mehrheiten auch für Gesetzesänderungen genügen. Darüber soll am 27. September, dem Tag der Bundestagswahl, in Hamburg mitentschieden werden. Silke Mertins