Staatsdiener verpraßte 3,8 Millionen Mark

■ Sachgebietsleiter der Baubehörde gab wertvolle Tips an Baufirmen und muß jetzt drei Jahre ins Gefängnis

„Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und Sie wissen das auch!“ Streng mahnte der Vorsitzende Richter der 7. großen Strafkammer des Landgerichts gestern den angeklagten Klaus L. bei der Urteilsverkündung. Der nickte mit gesenktem Blick. Kurz zuvor hatte er um Gnade gebeten: „Ich bereue die Tat sehr, und weiß, daß die Strafe hart sein muß. Ich bitte jedoch das Gericht zu prüfen, ob die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Wenn ich nicht zu meiner Familie stehen kann, sehe ich schwarz“.

Als Sachgebietsleiter war der 51jährige Klaus L. in der Bremer Baubehörde über Jahre für Steuervergünstigungen für Bauherren zuständig. Von diesen bekam er über sechs Jahre immer wieder Provisionen für nützliche Informationen, insgesamt 3,8 Millionen Mark. Dabei gab der Sachgebietsleiter der Bauwirtschaft nur Informationen, die die Interessenten auch offiziell hätten erfragen können. Eine Verletzung von Dienstgeheimnissen lag also nicht vor. Satte 280.000 Mark kassierte L. zum Beispiel für den Tip auf eine Wohnanlage in Tenever an der Kaiserslauterner Straße (Kaufpreis 27 Millionen).

Die Zusatzeinkünfte haben das monatliche Nettoeinkommen von Klaus L. von rund 4.000 Mark mehr als verzehnfacht. Als Ende 1997 bei dem Immobilienbesitzer Krause in Hannover, dem auch in Tenever verschiedene Wohnblocks gehören und dessen Firma inzwischen in Kokurs gegangen ist, die Wirtschaftsprüfung im Haus war, mußte Klaus L. davon ausgehen, daß auch er auffliegen würde . Er hatte weder eine Nebentätigkeitsgenehmigung, also seinen Dienstherren nicht über die Nebengeschäfte informiert, noch die beträchlichen Summen der Steuer angegeben. Klaus L. flüchtete sich in eine Selbstanzeige, legte nach und nach Zahlen auf den Tisch und half so bei den Ermittlungen. Das Verfahren gegen Klaus L. ergab Steuerversäumnisse in Höhe von rund 1,8 Millionen Mark. Davon konnte er allerdings nur rund 400.000 Mark zahlen, die 3,8 Millionen seien weg, erklärte er dem ungläubigen Gericht. Die Tausender seien ihm „quasi durch die Hände geflossen“, sagte er auf den Kommentar des Staatsanwalts hin, er müsse täglich bis zu 2.000 Mark ausgegeben haben. Wozu, das konnte er nicht angeben. Er habe sich keine größere Investition geleistet, lediglich ein neues Auto und einen ausgebauten Wintergarten. Das Haus, in dem er mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt, hat er allerdings schon 1997 rechtzeitig seiner Ehefrau überschrieben.

Als der Umfang der Anklage gegen Klaus L. im Januar dieses Jahres deutlich war, hatte die bremische Baubehörde ihm fristlos gekündigt. L. akzeptierte diese Kündigung. Bei guter Führung wird der ansonsten ordentliche Beamte nach zwei Jahren freikommen.

Der Verteidiger von Klaus L. hatte für eine Strafe auf Bewährung mit der Begründung plädiert, sein Mandant habe „eine schwache Persönlichkeit“ und sei von „dubiosen Immobilienhändlern verführt worden“. Der Richter ließ sich von solchen Opfer-Theorien aber nicht beeindrucken: Zu der Steuerhinterziehung hätten seine „Kunden“ ihn nicht überredet, meinte er in der Urteilsbegründung, denn Immobilienbesitzer Krause habe die Provisionen für den Bremer Sachgebietsleiter von der Steuer abgesetzt. Sven Kuhnen