Sind Sie beschäftigt?
: „Zu Hause gibt es schon mal Streß“

■ Der 47jährige Gerd Windus sucht nach der Erziehungszeit Arbeit als Fernmeldetechniker. Weil er keine findet, kümmert er sich weiter um die Zwillinge und baut Röhrenverstärker

In Berlin gibt es 290.000 Arbeitslose, nur vierzig Prozent leben von Erwerbsarbeit. Doch auch wer keine Arbeitgeber hat, ist nicht ohne Arbeit. Die taz fagt deshalb: „Sind Sie beschäftigt?“

Der 47jährige Gerd Windus: Ich bin Radio- und Fernmeldetechniker und suche Arbeit. Das sieht in der Branche schon seit einigen Jahren sehr schlecht aus. Das liegt an preiswerten polnischen Arbeitern zum Beispiel, die zum Teil für 800 Mark im Monat arbeiten. Zudem haben die Leute zwar mehr Geräte, die aber oft Wegwerfgeräte sind für 250 bis 300 Mark, die ruck, zuck weggeschmissen werden und ein neues gekauft wird. Meinen letzten Job hatte ich vor vier Jahren. Ich hatte

18 Monate Erziehungszeit für meine Zwillinge gehabt, danach habe ich wieder versucht, Arbeit zu finden. Die Erziehungszeit war schon ganz positiv, doch jetzt hätte ich ganz gern wieder ein bißchen Arbeit. Früher, so vor zehn Jahren, war es sehr einfach, Arbeit zu bekommen. Doch momentan sieht es sehr schlecht aus.

Auf dem Arbeitsamt Mitte haben sie nicht mal mehr Sachbearbeiter, weil sie keine Arbeit haben. Trotzdem gucke ich alle paar Tage dort vorbei, schaue in den Computer rein und suche über Zeitungen, bewerbe mich schriftlich oder rufe Firmen an, die nicht annoncieren. Derzeit beschäftige ich mich mit meinen 6jährigen Zwillingen, da ist schon allerhand zu tun. Dann bleibt noch Zeit für mein Hobby. Das ist Elektronik. Ich baue Röhrenverstärker, privat halt.

Mittlerweile setze ich mich nicht mehr unter Druck, in einem bestimmten Zeitraum Arbeit zu bekommen, weil es jetzt schon so lange ist, daß ich versuche, einen Job zu finden. Meine Frau hatte eine kleine Erbschaft gemacht, dadurch haben wir auch keine Sozialhilfe und Arbeitslosengeld bekommen. Das Geld ist schon alle. Meine Frau hat auch keine Arbeit. Wir reden nicht jeden Tag darüber, aber häufig. Da gibt es auch schon mal Streß. Barbara Bollwahn

wird fortgesetzt