■ CSU fordert Zweiklassenbehandlung für Ausländer – wie in Berlin
: Was man nicht sagen, nur tun darf

Joachim Herrmann, Vizegeneralsekretär der CSU, hat die Wahlkampfparolen seiner Partei eine Nuance zu ernst genommen. Deutschland sei kein Einwandererland, leiert die CSU in immer neu variierten Wiederholungen mit dem Kalkül, Parteien am rechten Rand das Wasser abgraben.

Sehr richtig, dachte sich ihr Vizechef und schlug die praktische Umsetzung der Parole in Form einer Zweiklassenbehandlung vor: Ausländerämter sollten „zwischen willkommenen Gästen und eher unerwünschten Leuten“ unterscheiden. Es fördere Bayerns Image nicht, wenn ein japanischer Ingenieur bei der Behörde in einer Reihe mit „kriminellen Ausländern“ anstehen müsse. Jeder Normalbürger unterscheide an seiner Haustür ja auch zwischen eingeladenen Gästen und unerwünschten Besuchern.

Der Aufschrei war groß. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle erregte sich: Herrmann „brüllt braune Parolen nach“ und versuche, „in einen Wettbewerb mit den rechtsradikalen Parteien zu treten“. Solche preisgünstigen Distanzierungen machen sich für die Liberalen in Wahlkampfzeiten immer gut. Die bayrischen Grünen stellten Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Auch der CSU-Spitze war der forsche Vorstoß peinlich, sie sprach von einem „Alleingang Herrmanns“. Aus der Umgebung von Ministerpräsident Stoiber verlautete, die Äußerungen seien „unglücklich“.

Unglücklich heißt übersetzt: in der Sache völlig richtig, aber nicht so formuliert, wie wir es uns gewünscht hätten. Stellvertretend für viele hat Herrmann die Haßbilder und heimlichen Wünsche klar ausgesprochen. In der Politik jedoch gilt: Man darf nicht rassistisch sprechen, man darf nur rassistisch handeln.

Aber um falschen Feindbildern vorzubeugen: Bayern ist diesmal keineswegs der Vorreiter. Auch wenn Augsburg – wie vom Leiter seines Ordnungsamtes angekündigt – demnächst Asylsuchende, Geduldete und Bürgerkriegsflüchtlinge getrennt von den anderen AusländerInnen abfertigen wird. In der multikulturellen Weltstadt Berlin ist die Zweiklassenbehandlung nichtdeutscher Menschen nämlich längst Realität. Seit fast zehn Jahren gibt es dort den umgangssprachlich so genannten „EU-Schalter“, wo Menschen aus Westeuropa, Japan, den USA, Israel, Australien und Neuseeland bevorzugt behandelt werden. Der Rest der Menschheit darf sich in der multikulturellen Weltstadt die Beine in den Bauch stehen. Ute Scheub