Südafrikas Genossen sind sich längst nicht mehr einig

■ In der Dreiparteienallianz aus ANC, Gewerkschaften und Kommunisten rumort es. Die Regierung reagiert empfindlich auf Kritik der Verbündeten. Ein Bruch scheint programmiert

Johannesburg (taz) – Ihr Outfit hat den Charme von Museumsstücken. Auf knalligem Rot leuchten in einem schwarzen fünfzackigen Stern Hammer und Sichel. Selbst der höchste Mann im Staat erschien in dieser Aufmachung zum Parteitag von Südafrikas Kommunisten (SACP). Doch dann las Nelson Mandela den Genossen die Leviten. Die Regierung denke nicht daran, von ihrem Wirtschaftsprogramm, kurz „Gear“ genannt, abzuweichen, nur weil es den Kommunisten nicht passe. „Wir repräsentieren nicht nur Arbeiter, sondern das ganze Land“, schimpfte der Präsident auf dem Parteitag, der seit Mittwoch in Johannesburg stattfindet.

Die Genossen waren sprachlos. Einen Tag später kam alles noch schlimmer. Vizepräsident Thabo Mbeki bezichtigte die Kommunisten der Lüge. Fälschlicherweise stellten sie den Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) als Feind des Volkes dar und spielten sich als revolutionäre „Wachhunde“ auf, anstatt die Fortschritte in Südafrika zu würdigen.

Auch die beschwichtigenden Worte mancher Redner aus der Partei konnten da kaum noch etwas beschönigen: Im Bündnis der Dreiparteienallianz aus der ehemaligen Befreiungsbewegung ANC, dem Gewerkschaftsverband Cosatu und den Kommunisten knirscht es. Ein Jahr vor den Wahlen ist das zum Teil Wahlkampfgeplänkel. Noch in diesem Monat soll eine gemeinsame Plattform ausgehandelt werden. Doch dahinter geht es um die Ausdifferenzierung eines pluralistischen Systems.

Im Kern des Streits steht derzeit vor allem die Wirtschaftspolitik des ANC. Dessen Hinwendung zu Liberalisierung und Deregulierung geht den meisten Gewerkschaftern zu weit. In einer Zeit, in der auch die Nerven der Regierung wegen des dramatischen Verfalls der Landeswährung bloßliegen, trifft Cosatu die Ängste der Bevölkerung. Denn noch immer ist jeder dritte in Südafrika arbeitslos. Viele Südafrikaner sind davon überzeugt, daß es besser wäre, den heimischen Markt wie während der Apartheid-Zeit zu schützen statt ihn zu deregulieren.

Auch die SACP lehnt die ANC- Wirtschaftspolitik ab, hat es aber nicht geschafft, Gegenkonzepte zu erarbeiten. Dabei sind die Partner noch in einem fragilen Abgängigkeitsverhältnis. Der ANC braucht die Allianz, um möglichst viele Wähler zu binden und kann sich bislang nicht entschließen, den Wandel zu einer politischen Partei radikal voranzutreiben. Viele ANC-Funktionäre sind bis heute zugleich SACP-Mitglieder.

Die Kommunisten könnten ohne den ANC, auf dessen Listen sie erneut kandidieren wollen, rasch bedeutungslos werden. Zudem bleibt ihnen der Nachweis erspart, wie eine marxistische Alternative für eine Transformationsgesellschaft wie Südafrika aussehen könnte. Ihr politisches Profil beschränkt sich derzeit auf Kritik am ANC. Langfristig aber ist die Richtung gewiesen. Nach der nächsten Wahl wird die politische Allianz aus den Zeiten des Befreiungskampfes kaum mehr als ein Dinosaurier sein. Vor einer Woche machte Mbeki das auf einem Cosatu-Kongreß klar: „Wenn wir von der Allianz sprechen, ist das etwas, was weiterexistiert? Oder träumen wir nur von der Vergangenheit?“ Kordula Doerfler