Britische Armee bezwingt Oranier

■ Protestantische Marschierer ausgesperrt

Portadown (taz) – Das Aufgebot an Soldaten erinnere an die Schlacht an der Somme, sagte Denis Watson, Großmeister des protestantischen Oranierordens im nordirischen Portadown. Panzerwagen, Stahlblenden und Stacheldraht setzte die britische Armee gestern ein, um die Oranier an ihrem traditionellen Marsch durch die katholische Garvaghy Road in der nordirischen Kleinstadt zu hindern. Zudem war die ganze Stadt weiträumig abgesperrt. Nur Anwohner und Journalisten durften hinein.

Lediglich 4.000 bis 5.000 Oranier nahmen gestern vormittag an der Oranierparade vom Stadtzentrum zur Himmelfahrtskirche in Drumcree teil, die normalerweise nach dem Gottesdienst über die umstrittene Garvaghy Road zurück in die Stadt führt. Schon 50 Meter nach der Kirche stießen die Marschierer an eine Stahlwand, blieben stehen, liefen wieder ein Stück zurück, kamen noch mal an und verlasen mit Blick auf die nackte Wand eine Erklärung: „Wir teilen der britischen Regierung mit, daß es eine furchtbare Schande ist, daß wir mit Stacheldraht daran gehindert werden, eine öffentliche Straße entlangzugehen. Wir bleiben hier, bis wir unser Recht bekommen, die Straßen entlangzulaufen.“ John Taylor, ein Mitglied des protestantischen Ordens, zürnte: „Wir bleiben hier, solange es auch dauern mag. Wir werden die Straße an beiden Enden blockieren und sie aushungern.“

1997 hatte die protestantisch dominierte nordirische Polizei die Oranier in letzter Minute gewähren lassen. Diesmal war die britische Armee an vorderster Front. Der Chef der nordirischen Polizei, Ronnie Flanagan, zog sich jetzt auf den legalistischen Standpunkt zurück: „Das ist dieses Jahr eine ganz andere Situation. Das Parlament hat eine Paradenkommission eingesetzt, und es ist deren Aufgabe, die notwendigen Entscheidungen zu treffen.“

Allerdings warnte am gestrigen Nachmittag ein Sprecher der katholischen Anwohner, die nordirische Polizei sei dabei, abseits vom Konfrontationsort militante Protestanten ins Zentrum von Portadown hineinzulassen, obwohl die Stadt eigentlich für alle Auswärtigen gestern gesperrt war. So könnten die Ordensleute am Schluß doch noch den Durchmarsch erzwingen, meinte er.

Befürchtet wurde auch, daß in der Nacht in anderen Teilen Nordirlands Konflikte entstehen könnten. Von den radikalen protestantischen „Ulster Freedom Fighters“ (UFF) war in Belfast bereits zu hören, Polizisten könnten zu legitimen Angriffszielen werden.

Ralf Sotscheck Berichte Seite 2