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■ 1999 muß die Kulturbehörde 9,4 Millionen Mark sparen – das trifft vor allem die bildende Kunst

Als Ortwin Runde vergangene Woche den Grundstein für den Erweiterungsbau des Museums für Kunst und Gewerbe legte, kam er in seiner Rede Der Staat und die Künste in der Stadtrepublik ein wenig mit den Bildern ins Schwimmen. Der „Coach für die Bürgerseele“, wie der Erste Bürgermeister sich volksnah nannte, definierte das Leben mit Ortega y Gasset als ständigen Schiffbruch, bei dem der arme Sterbliche verzweifelt mit den Armen rudere: „Diese Reaktion auf die Gefahr des eigenen Untergangs, diese Bewegung der Arme ist Kultur“. Bezog sich der spanische Philosoph allerdings auf Kultur im ganzen, als Lebensbewältigungsstragie, stellte der Bürgermeister die Schwimmetapher in das Becken des Finanzhaushalts.

In der Tat konnte man in den letzten Wochen beim Verfolgen der schier unendlichen Offenen Briefe an Kultursenatorin Christina Weiss den Eindruck gewinnen, es ginge bei den anstehenden Haushaltsberatungen für viele Kulturschaffende der Stadt um das pure Überleben. Bei der gestrigen Erklärung zum Haushaltsentwurf 1999 bemühte sich die Senatorin klarzustellen, daß trotz Kürzungen im Kulturbereich von 9,5 Millionen Mark die Kunst in der Hansestadt nicht untergehen wird. Mit dem beschlossenen 352-Millionen-Mark-Etat könnten „Freiräume für die Kunst erhalten bleiben“.

Daß die Kultur mit 2,6 Prozent die zweithöchste Sparquote des Haushalts zu erfüllen hat, ist nur auf den ersten Blick eine fürchterliche Zahl. Zieht man in Betracht, daß 1998 noch 9,5 Mio als letzte Rate für die Galerie der Gegenwart bereitgestellt wurden, scheint das Sparen von 9,4 Mio sich geradezu von selbst zu erledigen. Doch dieser zweite Blick trügt, wie zu erwarten, auch: Selbst wenn die Investitionsrate von 39 auf 31 Mio fällt, steigen die Personalausgaben von 33,1 auf 35,5 Mio, weshalb die Sach- und Fachausgaben – das Geld, das direkt in die Kunst gesteckt wird – um 3,5 Mio gestrichen werden müssen.

Die drei Staatstheater, die in Hamburg traditionell etwa die Hälfte des Betriebshaushalts erhalten, sind von den Kürzungen bis zum Jahr 2002 ausgenommen. Die staatlichen Museen, die 1999 verselbständigt werden sollen, sind von den Einsparungen ebenfalls ausgenommen, genau wie Kampnagel, die Stadtteilkulturzentren, die Geschichtswerkstätten und die Symphoniker. Die Öffentlichen Bücherhallen, in den vergangenen Jahren stark drangsaliert, erhalten 1999 sogar 520.000 Mark mehr. Auch das Kinder- und Jugendtheater, das Altonaer Theater und die Freien Gruppen (+100.000 Mark) werden stärker unterstützt.

Aber irgendwo muß das Geld schließlich gespart werden, und da trifft es die bildende Kunst klar am härtesten (siehe rechts). Auch das Internationale Sommertheater muß die Luft anhalten – statt 1,3 steht dem Festival in Zukunft nur noch 1 Mio zur Verfügung. Die Zuschüsse für die Fabrik und Markthalle werden um 129.000 gekürzt, die Filmzentren Metropolis und Cinegraph erhalten 60.000 weniger, die Privattheater müssen rund 200.000 Mark sparen.

Die großen Kulturdampfer haben die Staatskassenebbe im kommenden Jahr also kaum zu fürchten – es sind viele kleine Boote, die unter Umständen böse auf Grund laufen.

Christiane Kühl