Frei-Milch statt Frei-Bier

■ Naturschützer werben in den Wall-Anlagen für Bio-Milch / Milchparty am Samstag / Biobauern brauchen höheren Absatz / Angeblich Dumpingpreise bei Normalmilch

Wieviele Quadratmeter Weide braucht eine Kuh, um einen Liter Biomilch am Tag zu erzeugen? Exakt 500, haben gestern der Naturschutzbund (Nabu) und das Projekt Ökolandbau Wasserschutz im Elbe-Weser-Dreieck vorgerechnet. Da Kühe aber bekanntlich dumme Tiere sind, geben sie nicht exakt einen Liter am Tag, sondern eher 20. Darum sind die abgesteckten 500 Quadratmeter in den Bremer Wallanlagen auch nur symbolisch zu verstehen. Verdeutlichen wollen die Naturschützer, daß jeder, der einen Liter Biomilch kauft, die Fläche eines Gartens bewahrt und das Grundwasser vor Pestiziden und Mineraldüngern schützt.

Um dies weiter publik zu machen, veranstalten die Verbände am Samstag in den Wallanlagen ein Biomilchfest. Dazu gibt es 1.000 Liter Freimilch. Ökobauern stellen ihre Höfe vor, eine kleine Bio-Kuhherde wird im Herzen Bremens grasen und für Kinder gibt es eine Milchrallye, bei der man Kuhfladen aus Gummi und Lassos werfen muß, seine Melkkünste beweisen darf und jede Menge Antworten auf viele Fragen parat haben sollte.

Gefördert wird das 1997 gegründete Projekt Ökolandbau vom Umweltministerium Niedersachsen. Ihm gehören zur Zeit zwölf Biolandwirte an. Diese garantieren eine artgerechte Haltung der Kühe mit betriebseigenem Futter, daß ohne chemisch-synthetische Spritz- oder Düngemittel angebaut wird. Dadurch entstehen natürlich höhere Kosten, weshalb der Verkaufspreis nach Angaben von Matthias Prusel, Ingenieur für Molkereiwirtschaft und Leiter des Ökoprojekts, im Schnitt bei 1,99 Mark pro Liter liegt. „Das sind 30 Pfennig mehr, als bei herkömmlicher Milch, die in Flaschen abgefüllt wird. Dafür kann der Kunde aber sicher sein, daß Tiere und Umwelt davon profitieren und zum Beispiel kein genmanipuliertes Soja-Futtermittel aus dem Import benutzt wurde.“ Dennoch liege der Anteil der Biomilch am Gesamtverkauf in Deutschland nur bei einem Prozent, in Nordniedersachsen sogar noch darunter. Der Grund sei immer noch die Preisdifferenz vor allem zu der Milch im Tetrapak, die zur Zeit für 1,09 Mark bis 1,19 Mark gehandelt würde. „Das sind aber subventionierte Preise“, behauptet Parusel.

Darum sei es zur Zeit sehr schwierig für konventionelle Betriebe, auf ökologische Standards umzustellen und zugleich wirtschaftlich überlebensfähig zu bleiben, so der Molkereiingenieur. „Selbst die Landwirte, die bereits nach Biorichtlinien arbeiten, geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, da einfach nicht genug Bioprodukte gekauft werden.“

Das sieht auch Winfried Meier, Geschäftsführer des Milchindustrieverbandes Deutschland, so. „Dem Markt fehlen einfach die Impulse. Es müßte eine Offensive gestartet werde.“ Seiner Meinung nach ist schon der Handel mit der Flaschenmilch zu teuer. „Der Anteil ist dabei in den vergangenen Jahren von rund 28 Prozent um zehn Prozentpunkte gesunken.“ Zudem könne man die Bio-Milch qualitativ zwar nicht mit der handelsüblichen Milch im Tetrapak vergleichen. „Für die meisten Konsumenten zählt aber erstmal der Preisunterschied“, so Meier. Hinzu käme ein weiterer Effekt: „Die Biobauern produzieren bereits zur Zeit zu viel Milch für den Markt. Darum müssen diese Landwirte immer wieder Teile ihrer teuer produzierten Bio-Milch in die normale Herstellung verkaufen. Das senkt die Erlöse und schlägt sich wieder auf den Verkaufspreis nieder.“

Aus dieser Spirale „kommt man erst heraus bei einem Absatzvolumen wie etwa in Dänemark mit knapp 17 Prozent“. In Deutschland sei zwar ein steigender Trend zu erkennen. Nicht aber in diesem Umfang. Den hohen Absatz in Dänemark hätten die Biobauern dort auch nur dem Umstand zu verdanken, daß es einen Milchskandal gegeben hätte, wonach viele Menschen nur noch Biomilch gekauft hätten, um keine schlechten Produkte zu erstehen. Subventionen bei normal gehandelter Milch könne er nicht erkennen. „Der Handel verdient auch nicht viel an diesen Frischprodukten“, so Meier. Jeti