Aus dem Tief in die Stratosphäre

■ Pete Sampras hat mit seinem Fünfsatzsieg gegen Goran Ivanisevic im Finale von Wimbledon ein beträchtliches Stück an Größe zugelegt

Berlin (taz) – „Ich stelle ihn in die göttliche Stratosphäre mit Laver und Borg“, glorifizierte der US-Amerikaner John McEnroe seinen Landsmann Pete Sampras, nachdem dieser das Finale von Wimbledon gegen den Kroaten Goran Ivanisevic mit 6:7 (2:7), 7:6 (11:9), 6:4, 3:6, 6:2 für sich entschieden hatte. Wesentlich profaner drückte es Sampras selbst in seiner nüchternen Art aus: „Ich glaube, ich habe mein Tief überwunden.“

Nach dem Sieg beim ATP-Masters in Hannover letzten November war es nicht gut gelaufen für Sampras. Bei den Australian Open und den French Open schied er früh aus, zwischendurch verlor er die Spitzenposition in der Weltrangliste und selten spielte er jenes perfekte Tennis, das man von ihm gewohnt ist. In Wimbledon jedoch kam alles zurück. Der gewaltige erste Aufschlag, der raffinierte zweite, seine Volleys, die Fähigkeit, genau im richtigen Moment das Richtige zu tun, und das nötige Glück. „Auf diesem Niveau, so wie Goran und ich auf Gras spielen, gibt es nicht viel, was uns trennt“, sagte der 26jährige nach seinem Sieg, „ich gebe zu, ich hatte ein bißchen Dusel.“ Vor allem im Tiebreak des zweiten Satzes, als Ivanisevic bei zwei Satzbällen die große Chance hatte, mit 2:0 in Führung zu gehen. „Da dachte ich, Gott, das könnte Gorans Jahr werden“, erinnerte sich Sampras später. Aber Goran verschlug beide Bälle mit der Rückhand, und es wurde doch wieder das Jahr von Pete Sampras. Ivanisevic hingegen war nicht mal durch die kroatischen Siege bei der Fußball-WM zu trösten: „Ich kann jetzt für niemand jubeln.“

„Ich fühle mich auf diesem Platz einfach wohler als auf jedem anderen Platz der Welt“, sagt Sampras, der Wimbledon jetzt schon fünfmal gewonnen hat – genausooft wie Björn Borg. Mit seinen elf Siegen bei Grand-Slam-Turnieren steht er auf einer Stufe mit Borg und Laver, zum Rekord von Roy Emerson fehlt ihm bloß noch ein Triumph. „Es ist schwer zu sagen, wer von ihnen der Beste ist“, rätselt John McEnroe, „leichter wäre es, wenn Pete mal in Paris gewonnen hätte.“ Der Titel bei den French Open ist der einzige, der Sampras noch fehlt und von seinem Idol Rod Laver trennt, der sich sogar zweimal den Grand Slam holte. Borg wiederum gewann sechsmal in Paris, aber nie die Australian oder die US Open.

Sampras hat jedoch allen gegenüber einen entscheidenden Vorteil: Er ist noch aktiv. „Ich habe das Gefühl“, sagte er am Sonntag, daß ich noch eine Menge gute Jahre vor mir habe.“ Matti