„Eine Sauerei“

■ Herr Bielawny ist Quizkönig und SPD-Mitglied. Nun taucht er im CDU-Propagandablatt „NBI“ auf

Seit vergangenen Freitag läßt die CDU 6,8 Millionen Exemplare der „Neue Bundesländer Illustrierte“ (NBI) in Ostdeutschland verteilen. Das Werbeblatt, das an die „NBI“ der DDR erinnern soll, wurde von der Firma TV-Media konzipiert. Der Agentur steht Hans-Hermann Tiedje vor, einst „Bild“-Chef und nun Helmut Kohls Wahlkampfberater. Bei ihrer Suche nach Erfolgsmenschen stießen die Macher auf Hans-Jürgen Bielawny. Doch der 46jährige aus dem brandenburgischen Doberlug-Kirchhain (8.000 Einwohner) ist Sozialdemokrat.

taz: Herr Bielawny, sind Sie schon zum Gespött geworden?

Hans-Jürgen Bielawny: Das Blatt ist bei uns noch gar nicht verteilt. Aber als ich am vergangenen Donnerstag von einem Reporter des „Stern“ angerufen wurde und aus allen Wolken fiel, daß ich nun für die CDU werbe, habe ich sofort Dementis an die örtliche Presse herausgegeben. Was den Spott angeht, habe ich schon mal vorgesorgt.

Fühlen Sie sich mißbraucht?

Ich werde meinen Anwalt anrufen. Wenn ich eine Chance sehe, gehe ich dagegen vor.

Wie ist die Agentur TV-Media auf Sie gekommen?

Na ja, ich bin halt sehr bekannt hier in der Umgebung, stehe im Guinness-Buch der Rekorde, weil ich bis heute 476 Radioquizsendungen gewonnen habe.

Hat Sie die Agentur getäuscht?

Sie haben mir zumindest nie gesagt, daß das Blatt für die CDU Werbung machen soll. Man hat mir gesagt, daß Anfang Juli eine neue Illustrierte erscheint. Mehr nicht. Noch am Samstag habe ich ein Belegexemplar von der Agentur bekommen mit einem Anschreiben. Da heißt es: Die Sonderausgabe der „NBI“ stößt, wie Sie sehen können, auf großes Interesse. Schön, daß Sie daran mitgewirkt haben. Im Kleingedruckten steht dann ganz unten: Hans- Hermann-Tiedje. Sonst nichts.

Sie hätten eben das Kleingedruckte lesen sollen!

Na ja, woher weiß ich denn, was der Tiedje gerade macht. Klar kennt man den vom Fernsehen. Aber der wechselt ja seine Tätigkeit wie unsereins seine Hemden.

Haben Sie Geld bekommen?

Ja, 500 Mark von der Agentur. Was halten Sie von der „NBI“?

Damit macht die CDU noch mal Miese. Ganz sicher. Lesen Sie nur die Seite 38. Da werden die Einkommen der Ostdeutschen mit denen der Polen und Tschechen verglichen. Das ist doch das Schlimmste, daß die uns mit den Polen und Tschechen vergleichen, um uns zu zeigen, wie gut es uns eigentlich geht. Wenn Kohl der Kanzler der Einheit ist, dann möchte er uns doch bitte schön mit den anderen Deutschen vergleichen. Das ist so eine Sauerei, ist das. Also wirklich.

Und die Fotos?

Die habe ich denen ja zur Verfügung gestellt. Auf dem einen Bild, wo ich vor meinen Preisen aus Quizsendungen sitze, ist ein Buch von Egon Bahr (SPD-Ostexperte, d. Red.) zu sehen. Und was hat die „NBI“ daraus gemacht? Sie haben das Bild genau an der Stelle abgeschnitten. Interview: Severin Weiland